Der ökonomische Blick

Wie geht es der Wirtschaft, wenn Populisten regieren?

Populistische Parteien schauen dem „Volk aufs Maul“. Ihre Strategie ist es, die Bevölkerung in zwei Teile zu spalten, die „Elite“ oder das „Establishment“ versus das „Volk“. 
Populistische Parteien schauen dem „Volk aufs Maul“. Ihre Strategie ist es, die Bevölkerung in zwei Teile zu spalten, die „Elite“ oder das „Establishment“ versus das „Volk“. Reuters/Gaelen Morse
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Was passiert, wenn populistische Parteien, sowohl mit linkem als auch rechtem Schwerpunkt, in der Regierung sind? Steigt das allgemeine Einkommens- und Beschäftigungsniveau an, wird die Ungleichheit reduziert? Das Ergebnis einer umfangreichen Studie fällt ernüchternd aus.

Populistische Parteien schauen dem „Volk aufs Maul“. Ihre Strategie ist es, die Bevölkerung in zwei Teile zu spalten, die „Elite“ oder das „Establishment“ versus das „Volk“. Linke populistische Gruppierungen beziehen sich eher auf Wirtschafts- und Finanzelite und beklagen ökonomische Probleme ihrer Wählerschaft, die scheinbar von der Elite verursacht sind. Rechte politische Gruppierungen beziehen sich (zusätzlich noch) auf ethnische und kulturelle Spaltungen, die ihrer Wählerschaft Probleme verursachen. 

Was ist „Der ökonomische Blick“?

Jede Woche gestaltet die Nationalökonomische Gesellschaft (NOeG) in Kooperation mit der „Presse“ einen Blogbeitrag zu einem aktuellen ökonomischen Thema. Die NOeG ist ein gemeinnütziger Verein zur Förderung der Wirtschaftswissenschaften.

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Als ökonomische Ursachen des Populismus werden typischerweise fortschreitende Globalisierung in der Form von internationalem Handel und Migration sowie technischer Fortschritt in der Produktion angesehen (Petersen, 2018), die zu Einkommens- und Beschäftigungsverlusten oder verstärkter Unsicherheit in bestimmten Gruppen führen können. In der Politikwissenschaft (Bermann, 2021) sieht man soziokulturelle Trends als Hauptursache: zunehmende Heterogenität der Bevölkerung, der Verlust traditioneller Werte, stärkeres Gewicht auf Frauen- und Minderheitenrechte und wieder Migration.

Was passiert nun, wenn populistische Parteien in der Regierung sind? Steigt das allgemeine Einkommens- und Beschäftigungsniveau an, wird die Ungleichheit reduziert? In einer umfangreichen Studie, die in der angesehenen Zeitschrift „American Economic Review“ erschienen ist, untersuchen Manuel Funke, Moritz Schularick und Christoph Trebesch populistische Regierungen in 60 Ländern zwischen 1900 und 2020. In diesem Zeitraum wurden 51 populistische Regierungschefs identifiziert, sowohl mit linkem als auch rechtem Schwerpunkt. 2018 war das Jahr mit den meisten populistischen Regierungen in dieser langen Periode. Die statistischen Methoden sind ausgereift und kontrollieren auf die Tatsache hin, dass eine schlechte Wirtschaftslage bzw. eine Krise das Aufkommen von Populisten erleichtern.

Ernüchternde Bilanz

Das generelle Ergebnis populistischer Regierungen ist ernüchternd: 15 Jahre nach Beginn einer populistischen Regierung ist das Bruttoinlandsprodukt um gut zehn Prozent niedriger, etwas mehr bei Linkspopulisten, etwas weniger bei Rechtspopulisten. Warum sinkt das Einkommen der Bevölkerung? Zum einen aufgrund von verstärktem Nationalismus: Zölle steigen, das Handelsvolumen sinkt und die Finanzmärkte werden weniger offen. Darüber hinaus steigen Inflation und Staatsverschuldung erheblich an. Für die eigentliche Zielgruppe, „das Volk“, verbessert sich wenig: Die Einkommen sinken und die Schere zwischen Reich und Arm geht insbesondere bei Rechtspopulisten weiter auseinander. Das deutet darauf hin, dass nationalistische Politikmaßnahmen der Abschottung vom Weltmarkt und makroökonomische „Unbekümmertheit“, die in mehr Staatsverschuldung und Inflation endet, keine guten Vorzeichen für ein langfristiges Wachstum sind. Darüber hinaus verlieren in diesen Ländern die Medienfreiheit und die Unabhängigkeit des Rechtsstaates an Bedeutung, was wiederum negativ für Innovation und Investitionen ist.

Links- oder rechtspopulistische Experimente liefern somit ihren Wählern wenig. Ein ökonomischer Grund könnte sein, dass viele der anfangs zitierten Probleme, wie Globalisierung, technischer Fortschritt (Innovationen) oder Migration, Probleme für mehr oder weniger große sozio-ökonomische Gruppierungen mit sich bringen – in Summe sind sie aber Wachstumstreiber. Eine populistische Politik sieht die echten Probleme bei den betroffenen Gruppen und schaltet auf Abschottung und Innovationsstopp. Eine weitsichtigere Politik würde auch die Probleme sehen; da diese Trends aber mehr Wachstum versprechen, würde die Politik stärker auf Kompensation und soziale Absicherung von Verlierern im Strukturwandel setzen.

Der Autor

Rudolf Winter-Ebmer ist Vorstand am Institut für Volkswirtschaft der Johannes-Kepler-Universität (JKU) Linz und der Kurt Rothschild School of Economics and Statistics.

Referenzen

Funke, Manuel, Schularick, Moritz und Christoph Trebesch: Populist Leaders and the Economy, American Economic Review 113/12, 2023, 3249-3288.

Petersen, Thieß: Ökonomische Wurzeln des Populismus, Wirtschaftsdienst 98/9, 2018, 638-643.

Berman, Sheri: The causes of Populism in the West, Annual Review of Political Science 24, 2021, 71-88.

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