Porträt

Johannes Anzengruber – plötzlich Bürgermeisterkandidat

Johannes Anzengruber bei der Stimmabgabe am Sonntag.
Johannes Anzengruber bei der Stimmabgabe am Sonntag.APA/Groder
  • Drucken

Der ehemalige Vizebürgermeister will Bürgermeister werden. Sollte ihm das gelingen, wäre das eine schallende Ohrfeige für die ÖVP, die ihn ausgebootet hatte.

Er hat es tatsächlich geschafft. Der ehemalige ÖVP-Vizebürgermeister Johannes Anzengruber wird in der Stichwahl in zwei Wochen gegen den amtierenden Innsbrucker Bürgermeister Georg Willi (Grüne) antreten, der auf Platz eins gelandet ist. Der Außenseiter wäre Anzengruber dann mit Sicherheit nicht mehr. Sollte ihm der Coup gelingen und er Bürgermeister werden, wäre das jedenfalls die Vollendung einer außergewöhnlichen politischen Karriere.

Noch vor gar nicht allzu langer Zeit lag Anzengrubers Arbeitsplatz auf einer Seehöhe von 1057 Metern hoch über Innsbruck, nun will er seinen Schreibtisch im zweiten Stock des Innsbrucker Rathauses einrichten. Der ehemalige Wirt der Arzler Alm kämpft seit seiner Abspaltung von der ÖVP mit einer gehörigen Portion Ehrgeiz und Selbstbewusstsein um den Einzug ins Innsbrucker Bürgermeisterbüro. Und ist fest davon überzeugt, das Rennen mit seiner neuen Liste für sich entscheiden zu können.

Mit ÖVP verbunden

In seinem Wahlkampf stellte sich der 45-jährige Arzler als leutseliger Verfechter der Stadtteile dar. Auch in seinem Logo – ein bunter sechszackiger Asterisk bzw. Stern – werden die Stadtteile anhand von Farben dargestellt. Seine Bemühungen um die Quartiere blieben dort nicht unbemerkt: Seine „Stadtteilgespräche“ stießen bei der Bevölkerung durchaus auf Interesse und regen Zulauf.

Anzengruber wie auch seine Familie waren vor seinem Alleingang stets mit der ÖVP verbunden. Schon seine Großmutter, die Thaurerin Maria Giner, saß für die Volkspartei als eine der ersten Frauen im Tiroler Landtag. Nach seiner Entscheidung, in die Politik einsteigen zu wollen, katapultierte er sich bei der Gemeinderatswahl im Jahr 2018 über einen Vorzugsstimmenwahlkampf in die vordere Reihe der Innsbrucker Stadtpartei. Bevor er im Jahr 2020 auf Franz Xaver Gruber als Vizebürgermeister folgte, bekleidete er für ein Jahr das Amt des Klubobmannes. Mit dem Vizebürgermeisteramt gab Anzengruber auch die Arzler Alm auf, die seine Familie seit 2001 führte.

Ehemaliger Unternehmer

Doch Anzengruber, der sich selbst gern als politischen Selfmademan und als ehemaliger Unternehmer in der Tradition der verstorbenen Bürgermeisterin Hilde Zach sieht, konnte sich mit den Gepflogenheiten in der Tiroler Volkspartei nicht abfinden. Weil er nicht selbst als Bürgermeisterkandidat und Stadtparteiobmann nominiert, sondern Ex-Staatssekretär Florian Tursky aufs Schild gehoben wurde, gründete er nach seiner Abwahl als Vizebürgermeister im vergangenen Dezember kurzerhand selbst eine Liste namens „JA – Jetzt Innsbruck“. Und trat als bürgerliche Alternative zum ÖVP-Für-Innsbruck-Bündnis „das Neue Innsbruck“ an.

Das Tischtuch mit seiner eigentlichen politischen Heimat gilt jedenfalls als zerschnitten – sowohl auf Stadt- als auch auf Landesebene. Dort wirft man ihm unter anderem mangelnde Teamfähigkeit vor.

Der ehemalige Ringer „Hannes“ wird nun jedenfalls in den Ring um das Bürgermeisterbüro steigen und noch einmal großen Aufwand betreiben. Sein Einsatz war schon bisher hoch, finanzierte er doch mit seiner Frau den rund 290.000 Euro teuren Wahlkampf fast zur Gänze selbst. Ein Einsatz, der sich selbst bei einer Niederlage in der Stichwahl gelohnt haben dürfte. (kb)

Zur Person

Johannes Anzengruber ist verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er absolvierte die HTL Anichstraße und arbeitete vor der Übernahme der Arzler Alm in der IT-Abteilung der tirol kliniken. Zudem studierte er Gesundheitswissenschaften. Am 14. Dezember 2023 wurde er als Vizebürgermeister abgewählt.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.