Nahost

Wer Israel dabei geholfen hat, in einer Nacht über 300 Drohnen und Raketen abzuwehren

Eine Einheit des israelischen Luftabwehrsystems „Iron Dome“ in der Wüste Negev.
Eine Einheit des israelischen Luftabwehrsystems „Iron Dome“ in der Wüste Negev.APA / AFP / Ahmad Gharabli
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Israel und seine Verbündeten waren auf den Vergeltungsschlag Irans vorbereitet. Alleine die USA haben 80 Drohnen und sechs Raketen abgeschossen, die Briten waren mit Kampfjets im Einsatz. Auch über Jordanien dürften USA, Frankreich und Großbritannien im Einsatz gewesen sein.

Dass es passiert, darauf waren Israel und seine Verbündeten vorbereitet. Das Wann war die große Frage - und das Wie. Der Iran hatte seit zwei Wochen mit Vergeltung gedroht, nachdem ein Luftangriff ein iranisches Botschaftsgelände in der syrischen Hauptstadt Damaskus zerstört hatte, bei dem sieben Offiziere der mächtigen iranischen Revolutionsgarden getötet wurden. Unter den Toten waren auch zwei ranghohe Befehlshaber. Der Iran macht Israel für den Angriff verantwortlich. Israel hat bisher weder bestätigt noch dementiert, den Angriff ausgeführt zu haben.

In der Nacht von Samstag auf Sonntag war es dann so weit: Über 300 Drohnen und Raketen schickte der Iran in Richtung Israel. Ein Großteil davon (Berichten zufolge 99 Prozent davon) konnte Israel mit Unterstützung seiner Verbündeten abfangen. Bei dem Angriff wurde Behörden zufolge ein siebenjähriges Mädchen schwer verletzt. Eine israelische Militäreinrichtung wurde nach Angaben der Armee leicht beschädigt.

Das US-Militär hat nach eigenen Angaben mit Unterstützung von Zerstörern des US European Command am Samstag und Sonntag mehr als 80 Drohnen und mindestens sechs ballistische Raketen mit Ziel Israel abgefangen und zerstört. Die Geschosse seien vom Iran und Jemen aus abgefeuert worden, teilt das US Central Command (Centcom) auf X mit. „Centcom ist weiterhin bereit, Israels Verteidigung gegen diese gefährlichen Aktionen des Irans zu unterstützen. Wir werden weiterhin mit allen unseren regionalen Partnern zusammenarbeiten, um die regionale Sicherheit zu erhöhen.“

Britische Kampfjets schossen Einweg-Angriffsdrohnen ab

Auch Großbritannien hat sich an der Verteidigung Israels beteiligt. Der britische Premierminister Rishi Sunak sagte am Sonntag: „Ich kann bestätigen, dass unsere Flugzeuge eine Reihe iranischer Angriffsdrohnen abgeschossen haben“, sagte Sunak vor Journalisten an seinem Amtssitz in der Londoner Downing Street. Großbritannien arbeite mit seinen Verbündeten an der Deeskalation der Lage im Nahen Osten, sagte der britische Premier weiter. Für die Welt sei es nun wichtig, dass Menschen „mit einem kühlen Kopf“ die Oberhand behalten.

Der britische Verteidigungsminister Grant Shapps erklärte, britische Kampfflugzeuge hätten „mehrere vom Iran und seinen Stellvertretern gestartete Einweg-Angriffsdrohnen abgefangen und zerstört“. Die Drohnen hätten „eine Bedrohung für das Leben von Zivilisten“ dargestellt. Alle britische Flugzeuge seien nach dem Einsatz „sicher“ an ihre Stützpunkte zurückgekehrt, schrieb Shapps im Onlinedienst X.

Die überraschende Unterstützung Jordaniens

Dass auch Jordanien aktiv daran beteiligt war, Schaden von Israel abzuwenden, kann als kleinere Überraschung gewertet werden, angesichts der schwierigen Lage im Land. Der jordanische Premierminister Bisher Khasawneh sagte am Sonntag, dass jede Eskalation in der Region zu „gefährlichen Wegen“ führen würde und dass es notwendig sei, die Eskalation durch alle Parteien zu reduzieren. In einer Rede vor dem Kabinett sagte Khasawneh, die Streitkräfte des Landes würden sich jedem Versuch einer Partei entgegenstellen, die die Sicherheit des Königreichs gefährden wolle.

Zwei regionale Geheimdienstquellen berichteten, dass die US-Luftabwehr zusammen mit der Unterstützung Großbritanniens und Frankreichs am Samstag in Jordanien Dutzende iranischer Drohnen und Raketen abgeschossen habe, die über das Land in Richtung Jerusalem und über eine Vielzahl von Zielen in Israel flogen. „Die Armee wird auf alles, was die Sicherheit des Königreichs und die Unantastbarkeit seines Luftraums und Territoriums gefährdet, mit allen verfügbaren Mitteln reagieren“, sagte Khasawneh.

Jordaniens König: „Kein Schauplatz eines regionalen Krieges“

Der jordanische König Abdullah sagte am Sonntag in einem Telefongespräch mit US-Präsident Joe Biden, dass Jordanien „kein Schauplatz eines regionalen Krieges“ sein werde, und fügte hinzu, dass jede „Eskalation seitens Israels den Kreis des Konflikts nur erweitern würde“, so der staatliche Fernsehsender Al Mamlaka.

Jordanien grenzt an Syrien und den Irak - beides Länder, in denen iranische Hilfstruppen operieren - und liegt außerdem direkt neben Israel und dem von Israel besetzten Westjordanland. Ende letzten Jahres bat Amman Washington um die Entsendung von Patriot-Luftabwehrsystemen nach Jordanien, um seine Grenzverteidigung zu verstärken.

Auch die deutsche Bundeswehr hat einen Beitrag zur Abwehr der iranischen Angriffe auf Israel geleistet. Drei französische Kampfjets seien von der Bundeswehr aufgetankt worden. Ein Sprecher des Verteidigungsministeriums bestätigt in Berlin entsprechende Informationen des „Spiegel“. Die Tankvorgänge seien im Rahmen des mandatierten Einsatzes „Inherent Resolve“ erfolgt und mandatskonform gewesen, betont der Sprecher. Der internationale Einsatz „Inherent Resolve“ dient dem Kampf gegen die radikal-islamische Organisation Islamischer Staat vor allem im Irak. Die Bundeswehr ist an dem Einsatz beteiligt.

Blinken berät mit Amtskollegen aus Saudiarabien, Jordanien und Ägypten

US-Außenminister Antony Blinken hat nach dem iranischen Angriff auf Israel mit seinen Amtskollegen aus Saudiarabien, Jordanien und Ägypten beraten. Auch mit dem türkischen Außenminister habe Blinken telefoniert, erklärt das US-Außenministerium. In den getrennten Gesprächen habe Blinken bekräftigt, dass die USA keine Eskalation wollten. Er habe er wiederholt, dass die USA Israel bei seiner Verteidigung weiterhin unterstützen würden. Mit seinem ägyptischen Amtskollegen Sameh Schukry habe Blinken zudem darüber gesprochen, die humanitäre Hilfe für die Menschen im Gazastreifen auszuweiten. Thema seien hier auch der Schutz der palästinensischen Zivilbevölkerung und eine sofortige Waffenruhe gewesen, durch die die Freilassung der israelischen Geiseln im Gazastreifen sichergestellt werden solle. Die USA und Ägypten sind neben Katar die wichtigsten Vermittler in dem seit mehr als einem halben Jahr anhaltenden Krieg zwischen dem israelischen Militär und der Hamas im Gazastreifen.

Irans Außenminister Hossein Amirabdollahian sagte am Sonntag, sein Land habe den Nachbarstaaten und Israels engstem Verbündeten USA eine Frist von 72 Stunden vor Beginn des Angriffes genannt. Das türkische Außenministerium teilte mit, es habe vor dem Angriff sowohl mit der Regierung in Washington als auch mit der in Teheran gesprochen und als Vermittler Botschaften übermittelt, um sicherzustellen, dass die Reaktionen angemessen seien. „Der Iran erklärte, die Reaktion sei eine Antwort auf den Angriff Israels auf seine Botschaft in Damaskus und würde nicht darüber hinausgehen“, sagte ein türkischer Diplomat. „Die Entwicklungen kamen nicht überraschend.“ Auch irakische und jordanische Regierungsvertreter erklärten, der Iran habe in der vergangenen Woche frühzeitig vor dem Angriff gewarnt und auch einige Einzelheiten mitgeteilt.

USA seien nicht 72 Stunden im Voraus informiert worden

Der Darstellung des iranischen Außenministers widersprach ein Vertreter der US-Regierung. Die USA hätten über Schweizer Mittelsmänner zwar Kontakt zum Iran gehabt, seien aber nicht 72 Stunden im Voraus benachrichtigt worden. „Das ist absolut nicht wahr“, sagte der Regierungsvertreter. Der Iran habe die USA erst nach Beginn des Angriffs über die Schweiz benachrichtigt. „Wir haben eine Nachricht von den Iranern erhalten, als das im Gange war - über die Schweiz. Darin hieß es im Grunde, dass sie danach damit fertig seien, aber dass der Angriff noch andauere. Das war also ihre Botschaft an uns.

Mit Spannung wurde erwartet, wie Israel reagieren würde. Zu einer möglichen Reaktion sagte Israels Militärsprecher Daniel Hagari Sonntagfrüh: „Wir prüfen die Situation und zeigen dem Kabinett die Pläne, wir sind bereit, zu unternehmen, was für die Verteidigung Israels notwendig ist.“ Außenminister Israel Katz sagte in einem Interview des Armeesenders: „Wir haben gesagt: Wenn der Iran Israel angreift, werden wir im Iran angreifen. Und dieses Bekenntnis ist immer noch gültig.“

(APA/Reuters/Ag.)

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