Pensionen

Pensionsreform erst in zehn Jahren sinnvoll

Die Ökonomin Christine Mayrhuber (li.) mit „Presse“-Redakteurin Jeannine Hierländer.
Die Ökonomin Christine Mayrhuber (li.) mit „Presse“-Redakteurin Jeannine Hierländer. Caio Kauffmann
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Eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsalters sei frühestens 2034 sinnvoll, sagt die neue Vorsitzende der Alterssicherungskommission, Christine Mayrhuber.

Wien. Braucht es eine Pensionsreform? „Es braucht permanente Anpassungen. Aber wir müssen in einem Zeithorizont von zumindest zwei bis drei Jahrzehnten denken“, sagt Christine Mayrhuber, Ökonomin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo) und neue Vorsitzende der Alterssicherungskommission. Eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters hält sie frühestens im Jahr 2034 für sinnvoll.

Obwohl sich keine Regierungspartei eine Pensionsreform vorgenommen hat, sei in den vergangenen Jahren viel gemacht worden. Bei den Abschlägen zum Beispiel und bei der Aliquotierung der Pensionen. Es gebe einen „Wildwuchs an kurzfristigen Maßnahmen“, sagt Mayrhuber. Sie hält das für problematisch, denn es sei „nicht sehr transparent für die Versicherten“, sagt die neue Leiterin der Alterssicherungskommission.

Die Alterssicherungskommission ressortiert zum Sozialministerium und soll über die Entwicklung der staatlichen Ausgaben für die Pensionen wachen. Seit Anfang 2022 war die Kommission ohne Vorsitz, weil sich ÖVP und Grüne nicht auf einen Kandidaten bzw. eine Kandidatin einigen konnten. Der ehemalige Vorsitzende Walter Pöltner hatte die Leitung der Kommission Ende 2021 mit der Begründung aufgegeben, er fühle sich von der Politik nicht ausreichend gehört. Mit April hat Mayrhuber nun die Aufgabe übernommen.

Die größte laufende Änderung im Pensionssystem betrifft Frauen: Das gesetzliche Antrittsalter für Frauen steigt ab heuer um je sechs Monate pro Jahr, bis es 2033 bei 65 Jahren und damit auf dem Niveau der Männer liegt. Mayrhuber empfiehlt, diesen Übergangszeitraum abzuwarten, bevor man eine große Pensionsreform in Angriff nimmt. Es brauche eine „unaufgeregte Diskussion.“

Am Arbeitsmarkt ansetzen

Ein Vorschlag, der von Ökonomen immer wieder aufgebracht wird, ist, das gesetzliche Pensionsantrittsalter mit steigender Lebenserwartung anzuheben. Dänemark, Schweden und Finnland haben sich – in unterschiedlichen Ausprägungen – ein flexibles Antrittsalter gegeben, oft in Verbindung mit Anreizen, im Alter länger zu arbeiten. In Finnland wurde eine Art Teilzeitpension eingeführt – mit der Möglichkeit, nur einen Teil der Pension zu beziehen und reduziert weiterzuarbeiten. In Schweden wurde Ende der 1990er-Jahre die Möglichkeit eingeführt, die Höhe der Pensionen an Lebenserwartung und wirtschaftliche Lage anzupassen.

Das Antrittsalter nur auf den Faktor Lebenserwartung abzustellen, hält Mayrhuber für „einen guten Start für eine Diskussion, aber nicht wirklich durchdacht“. Denn die Lebenserwartung unterscheide sich enorm nach sozioökonomischen Faktoren wie Bildung und Einkommen. Für Akademiker liege die Restlebenserwartung mit 65 Jahren bei 21 Jahren, für Männer mit maximal Pflichtschulabschluss sinkt sie auf 16 Jahre. Orientiere man sich beim Pensionsantrittsalter nur an einem Faktor, produziere man „sehr starke soziale Verwerfungen.“

Zwei Drittel der Männer gehen vor dem Regelpensionsalter von 65 Jahren in den Ruhestand. Wer in Frühpension geht, muss je nach Pensionsart Abschläge zwischen 1,8 und 5,1 Prozent pro früherem Antrittsjahr hinnehmen. Eine Überlegung wäre, durchrechnen zu lassen, ob diese Abschläge versicherungsmathematisch noch in Ordnung seien, sagt Mayrhuber. „Oder ob man sie wegen der steigenden Lebenserwartung anpassen müsste.“ Denn die letzte Anpassung liegt schon lang zurück.

Entscheidend dafür, dass das Pensionssystem finanzierbar bleibt, sei es, Menschen vor der Pension länger im Arbeitsleben zu halten. „Wir haben eine unheimlich hohe Altersarbeitslosigkeit“, sagt Mayrhuber. Würde es gelingen, einen Teil dieser Menschen im Job zu halten, würde das die Arbeitslosenversicherung entlasten und mehr Beiträge zur Sozialversicherung bringen.

Zur Person

Christine Mayrhuber ist Ökonomin und stellvertretende Direktorin am Österreichischen Institut für Wirtschaftsforschung (Wifo). Sie forscht zu Einkommen und zur Pensionsversicherung. Seit April hat Mayrhuber ehrenamtlich den Vorsitz der Alterssicherungskommission inne, die regelmäßig Gutachten zum Pensionssystem erstellt.

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