Russland

Raiffeisen sorgt mit Stellenanzeigen in Russland für Verwirrung

Archivbild: Ein Raiffeisen-Logoi in Moskau.
Archivbild: Ein Raiffeisen-Logoi in Moskau.Reuters / Maxim Shemetov
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Die Raiffeisen Bank International (RBI) beteuerte stets, dass sie ihr milliardenschweres Russlandgeschäft herunterfahre oder gar verkaufe. Dabei suchte sie dort als einzige Auslandsbank aktiv neue Mitarbeiter. „Äußerst peinlich“, sagt ein RBI-Angestellter. Raiffeisen treibe die Löhne, sagt ein russischer Staatsbanker.

Es passt nicht zusammen. Da beteuert die RBI fast seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, das Russland-Geschäft zu reduzieren und verschiedene Formen eines Rückzugs aus dem Land zu prüfen. Und dann sucht sie als größte verbliebene ausländische Bank im Land aktiv neue Mitarbeiter. Vor Kurzem seien Dutzende Stellenanzeigen in Russland veröffentlicht worden, die auf ehrgeizige Wachstumspläne in dem Land hindeuten, schreibt die Financial Times (FT), die darauf aufmerksam geworden ist, am Dienstag. Die britische Wirtschaftszeitung fand die Angebote unter den mehr als 2.400 Stellenanzeigen, die die Russland-Tochter der RBI seit Dezember in Russland veröffentlicht hat, darunter fast 1.500 für Positionen im Vertriebsmanagement und Kundenservice.

In einer der Ausschreibungen heißt es etwa, dass die „Hauptziele eine zahlreiche Erweiterung der aktiven Kundenbasis und ein stabiles zweistelliges Ertragswachstum“ seien. Ein „Kundenbetreuer, der Kunden anzieht“, wird an anderer Stelle von der Abteilung für Kleinunternehmen gesucht. In einem weiteren Angebot ist davon die Rede, dass das Unternehmen „aktiv unsere Firmenkundenbasis“ für Lohnverrechnungsdienstleistungen ausbaut.

Die Enthüllung der FT sorgte bei der RBI selbst sichtlich für Verwirrung. Die Enthüllung habe den Vorstandsvorsitzenden Johann Strobl veranlasst, eine sofortige Untersuchung anzuordnen, wurde der FT beschieden. Laut einem Bericht der russischen Tochter seien die Stellenanzeigen unter Verwendung von Standardinformationen über die Bank und ihre Vorhaben in Russland veröffentlicht worden, die fälschlicherweise seit Beginn der Invasion in der Ukraine nicht mehr aktualisiert worden seien.

„Abbau des Russlandgeschäfts wird fortgesetzt“

Ein leitender Angestellter der RBI sagte zur FT, die Anzeigen seien „äußerst peinlich“ und hätten eine panische Reaktion ausgelöst, um sie zu entfernen und dringend neu zu schreiben.

Raiffeisen sagte dazu in einer Erklärung: „Der Abbau des Russlandgeschäfts wird 2024 fortgesetzt. Raiffeisen arbeitet weiterhin an einer möglichen Transaktion, einem Verkauf oder einer Abspaltung, die zu einer Dekonsolidierung der Raiffeisenbank Russland aus dem Konzern führen würde.“

„Die [Anzeigen] spiegeln weder die von der RBI getroffenen Maßnahmen zur Reduktion des Russland-Geschäfts wider, noch entsprechen sie den zukünftigen Plänen für das Russland-Geschäft“, hieß es weiter.

Allerdings braucht die RBI auch zur möglichen Veräußerung des Russland-Geschäfts weiterhin Stellen, die für einen funktionierenden Bankbetrieb notwendig sind. „Wir können bestätigen, dass der Anstieg der Mitarbeiterzahl und der damit verbundenen Personalkosten mit der Verselbstständigung der Raiffeisenbank Russland im IT-Bereich im Vorfeld eines möglichen Verkaufs zusammenhängt. Diese Erhöhungen stehen nicht im Zusammenhang mit dem Geschäftswachstum“, erklärte die RBI gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters.

Raiffeisen verschärft den Wettbewerb um Personal

Das zeigt sich trotz Rückzugsplänen auch in der Statistik: Während bei den anderen ausländischen Banken in Russland der Mitarbeiterstand zwischen Ende 2021 (zwei Monate vor Beginn des Ukraine-Krieges) und Ende 2023 merkbar gesunken sind, wurde er bei der Raiffeisen vor Ort von 9.327 auf 9.942 ausgebaut, rechnet die FT vor. Entsprechend stiegen die Personalkosten laut RBI im Jahr 2023 um 48 Millionen Euro (oder zum Jahresendkurs der Zentralbank um 4,3 Milliarden RUB) auf 581 Millionen Euro (52,1 Milliarden RUB). Die Raiffeisenbank habe die Gehälter für einige Mitarbeiterkategorien erhöht, was den Wettbewerb um Mitarbeiter verschärft habe, sagte ein Staatsbanker gegenüber dem russischen Bankbranchen-Medium Frank Media.

Auf dem russischen Personalsuchservice Headhunter waren am Dienstag laut Frank Media 230 freie Stellen für die Raiffeisenbank ausgeschrieben. Auf dem Personalsuchservice SuperJob war kein einziges Stellenangebot für die Raiffeisenbank platziert.

Die RBI ist die größte westliche Bank in Russland. Laut RBI ist das Kreditvolumen der russischen Tochter seit Beginn des Ukraine-Krieges um 56 Prozent reduziert worden, auch das Zahlungsverkehrsgeschäft wurde deutlich zurückgefahren. Zudem arbeitet das Institut weiterhin an einem möglichen Verkauf oder einer Abspaltung des Russland-Geschäfts. Die Zahl der Mitarbeiter war per Jahresende 2023 um gut vier Prozent auf 9942 Beschäftigte gestiegen. (red.)

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