UNO-Sicherheitsrat

Völkerrecht: Maßnahmen „extrem beschränkt“, um auf Angriff zu reagieren

Ein Bild vom 3. April 2024 aus Damaskus, wo eine mutmaßlich israelische Rakete ein Gebäude der iranischen Botschaft traf.
Ein Bild vom 3. April 2024 aus Damaskus, wo eine mutmaßlich israelische Rakete ein Gebäude der iranischen Botschaft traf.Imago / Ammar Safarjalani
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Völkerrechtler Manfed Nowak ruft zu „extremer Zurückhaltung“ auf und verweist auf mögliche UNO-Beschlüsse. Völkerrechtsexperte Ralph Janik attestiert: „Keiner hat gerade das Recht auf seiner Seite.“

Für den Völkerrechtler Manfred Nowak sind die jüngsten kriegerischen Handlungen zwischen dem Iran und Israel juristisch problematisch. „Jede Form der militärischen Gewalt ist verboten“, sagte er am Montag im Gespräch mit der Austria Presse Agentur und rief zu „extremer Zurückhaltung“ auf. Es obliege letztlich dem UNO-Sicherheitsrat, die Situation zu bewerten, so der Jurist. Der Völkerrechtsexperte Ralph Janik legte sich am Montag fest: „Keiner hat gerade das Recht auf seiner Seite.“

Die Frage nach der Legitimität eines Angriffs sei „keine leichte“, sagte Nowak. Der vermeintlich israelische Angriff auf Irans Botschaftsgelände in Syrien sei „eine klare Verletzung der diplomatischen Immunität“ gewesen, „selbst wenn Geheimdienstler dort waren“. Bei der Beurteilung, ob dadurch das Recht auf Selbstverteidigung entstehe, zeigte sich Nowak „sehr zurückhaltend“. Der ehemalige Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen für Folter verwies dabei auf den UNO-Sicherheitsrat. Dieser war am Sonntag auf Bitten Israels einberufen worden. Zu einer Verurteilung des iranischen Angriffs kam es bisher nicht. UNO-Generalsekretär António Guterres rief alle Seiten zu äußerster Zurückhaltung auf.

Maßnahmen im Völkerrecht „extrem beschränkt“

Nowak verwies auf die Möglichkeit der permanenten Ratsmitglieder China, Frankreich, Russland, Großbritannien und den USA, Entschlüsse mit einem Veto zu blockieren. Deshalb komme es in der Praxis selten zu Verurteilungen. Im Völkerrecht seien die Maßnahmen, um auf einen Angriff zu reagieren „extrem beschränkt“, sagte Nowak. Auch offizielle Kriegserklärungen seien selten geworden, „weil Krieg - und auch die Androhung davon - verboten ist“, so der Experte.

Waffenlieferungen von Drittstaaten seien hingegen ein legitimes Mittel, sagte der Völkerrechtler. Selbiges gelte für Defensivmaßnahmen wie das Abschießen von Raketen, diese dürften aber nur auf konkrete Einladung eines anderen Landes gesetzt werden: „Hilfsleistungen sind nicht rechtswidrig. Dennoch sollte extreme Zurückhaltung geübt werden.“

Österreich und Deutschland mit „besonderer historischer Verantwortung“

Die ausgesprochenen Sicherheitsgarantien für Israel von Österreich und Deutschland begründete Nowak mit der „besonderen historischen Verantwortung“. Trotzdem könne israelische Politik kritisiert werden, Deutschland habe das etwa immer wieder getan. Für Österreich sieht der Jurist aufgrund der Neutralität „keine Möglichkeit“ militärisch in den Konflikt einzugreifen.

Völkerrechtsexperte Janik ortete Rechtsverletzungen auf beiden Seiten. Der mutmaßliche israelische Angriff sei nicht in Ordnung gewesen, „weil der Iran und Syrien sich nicht in einem laufenden bewaffneten Konflikt mit Israel befunden hatten“. Das Gewaltverbot sei verletzt worden, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme auf APA-Anfrage. Mittelbar habe die Attacke die Souveränität des Iran verletzt. Jedenfalls sei aber zu prüfen, ob der militärische Nutzen verhältnismäßig zu zivilen Schäden sei.

Das sei aber noch keine ausreichende Begründung für den getätigten Gegenschlag, schrieb Janik: „Der Iran hat dennoch nicht das Recht auf Selbstverteidigung bzw. die dabei geltenden Kriterien nicht respektiert: Selbstverteidigung dient dazu, einen gegenwärtigen Angriff abzuwehren und weitere Angriffe zu unterbinden. Nicht für “Vergeltungsmaßnahmen„. Dasselbe gilt jetzt für eine allfällige Reaktion Israels.“ (APA)

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