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„The Sympathizer“: Ein Maulwurf für den Vietcong

Spielt mit leiser Präsenz einen Spion: Hoa Xuande
Spielt mit leiser Präsenz einen Spion: Hoa XuandeHopper Stone/HBO
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Die Vorzeichen für die Serie des Starregisseurs Park Chan-wook waren vielversprechend. Doch ausgerechnet Robert Downey Jr. macht es einem schwer bei der neuen HBO-Serie „The Sympathzier“ (auf Sky).

Kriege würden zweimal geführt, heißt es am Anfang der Miniserie „The Sympathizer“: Ein Mal am Schlachtfeld und ein Mal in der Erinnerung. Vom Vietnamkrieg, diesem großen amerikanischen Trauma, gibt es im kulturellen Gedächtnis bisher vor allem eine Version – jene der Amerikaner, erzählt in großen Antikriegsfilmen wie „Apocalypse Now“, „Full Metal Jacket“ oder „Platoon“.

Eine andere Perspektive will „The Sympathzier“ in sieben je rund einstündigen Folgen bieten: Erzählt wird aus der Perspektive eines namenlosen jungen Mannes, genannt Captain, der offiziell für Südvietnam und damit die USA arbeitet, aber heimlich für den Vietcong spioniert, während dieser schier unaufhaltsam aus dem Norden vorrückt – auf die Hauptstadt, die damals noch Saigon hieß.

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Die Vorlage für die Geschichte lieferte Viet Thanh Nguyen mit seinem Pulitzerpreis-gekrönten gleichnamigen Roman von 2015. Der Kanadier Don McKellar („Die Stadt der Blinden“) verarbeitete die gut 530 Seiten zu einem Drehbuch, das wiederum der südkoreanische Starregisseur Park Chan-wook („Oldboy“, „Die Frau im Nebel“) federführend umsetzte. Produziert wurde die Serie von der Independent-Filmschmiede A24 – sowie von HBO, bekannt für viele phänomenale Serien. Für die Star-Power sorgt Robert Downey Jr., ein frisch gebackener Oscar-Preisträger, der hier gleich vier Nebenrollen spielt. Das war eine Idee des Regisseurs, weil alle vier Figuren auf eine Art typische Amerikaner repräsentieren.

Man muss zurückspulen

Mit dieser Gemengelage an Talent schürte „The Sympathizer“ hohe Erwartungen – und doch vermag die Serie diese nicht zu erfüllen, was mitunter an ihrer vertrackten Struktur liegt. Mindestens fünf Erzählebenen zählt man alleine in der ersten Folge, die Handlung springt mittels Rück- und Vorblenden hin und her. Selbst, wer den Überblick behält, kommt kaum umhin, hie und da zurückzuspulen, um noch einmal die Untertitel der Gespräche auf Vietnamesisch zu lesen.

Der Anfang führt einen (großteils) zum Vorabend des Falls von Saigon 1975, heute Ho-Chi-Minh-Stadt. Dort arbeitet der Captain – mit leiser Präsenz gespielt vom australischen Newcomer Hoa Xuande – als rechte Hand des Polizeigenerals (Toan Le), dessen Unterlagen er heimlich für die Kommunisten kopiert. Doch als diese einmarschieren, wird der Captain von seinem Freund beim Vietcong angewiesen, mit dem General in die USA zu fliehen, um ihn im Exil weiter auszuspionieren. Bei der Flucht im letzten Flugzeug, das von der zerbombten Landebahn abhebt, ist die Handschrift des Regisseurs erkennbar: Gewohnt blutig sind die Szenen, die Park Chan-wook hier inszeniert. Was an seinen Thrillern nicht störte, vor dem historischen Setting des realen Krieges aber unnötig brutal ist.

Robert Downey Jr. übertreibt

Übertrieben wirkt zeitweise auch die Performance von Downey Jr.: als CIA-Mann, optisch stark verwandelt, mit blauen Kontaktlinsen und krausem blonden Haar, aber auch als in seiner vermeintlichen Liebe zu anderen Kulturen eigentlich rassistischer Orientalistik-Professor. Der Hollywoodstar treibt seine Darstellung teils ins Groteske. Dabei ist „The Sympathizer“ nicht nur als Satire angelegt, sondern will auch von der Hybris der Amerikaner erzählen – sowie vom inneren Konflikt des Captains. Das Ringen des Sohnes einer vietnamesischen Mutter und eines französischen Vaters um seine Identität geht bei so viel Schauspiel unter.

Optisch stark verwandelt: Robert Downey Jr.
Optisch stark verwandelt: Robert Downey Jr.Hopper Stone/hbo

In Hollywood stört man sich nicht daran. Dort wird Downey schon als heißer Kandidat für einen Emmy-Fernsehpreis gehandelt. Es wäre bitter, würde aus der ersten großen Serie über den Vietnamkrieg aus vietnamesischer Sicht ausgerechnet der outrierende Star aus Amerika ausgezeichnet.

„The Sympathizer“, sieben Folgen, auf Sky

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