Technik

Das Getriebe passt sich wie ein Krake an

In dem Kraken-Getriebe arbeitet jeder Zahn für sich.
In dem Kraken-Getriebe arbeitet jeder Zahn für sich.Nicole Seiser
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Unsere mechanische Welt braucht Getriebe für Roboter, Windräder, Motoren und vieles mehr. Ein Grazer Start-up baut Systeme, die kleiner, stärker und robuster sind als bisherige Zahnradgetriebe.

Ein Technikunternehmen aus Graz sponsert die Formel 1? Nein, die Kraken-Werbung auf den Williams-Rennautos hat nichts mit „Kraken Innovations“ zu tun, dem Start-up im Data-House der TU Graz in der Sandgasse. „Bei unserer Gründung war diese Namensähnlichkeit zur amerikanischen Kraken-Kryptobörse kein Problem, weil wir ganz andere Bereiche bespielen“, sagt Philipp Eisele. Er hat mit seinen TU-Graz-Kollegen Daniel Fürhapter und Michael Michelitsch 2021 die Firma gegründet, die Getriebe ohne Zahnräder herstellt. Gefördert wurde das Team von der Austria Wirtschaftsservice AWS, der Forschungsfördergesellschaft FFG, der steirischen Wirtschaftsförderung SFG und anderen.

„Wir haben unser Unternehmen so genannt, weil die Arbeitsweise unseres Getriebes ein bisschen so aussieht, als ob ein Krake über den Meeresgrund wandert“, sagt Eisele. Die bewegte Abbildung auf der Homepage kraken-innovations.at zeigt, was er meint: Ein Kranz von einzeln beweglichen Zähnen wandert geführt in einem Stützring entlang, angetrieben von einer zentralen Kurbelwelle.

Auf kraken-innovations.at sieht man, wie sich jeder Zahn entlang des Stützrings bewegt.
Auf kraken-innovations.at sieht man, wie sich jeder Zahn entlang des Stützrings bewegt.

Idee kam beim Roboterbau

Den Einfall hatte das Team während den Abschlussarbeiten im Maschinenbau-Studium, als ein Roboter mit eigenem Getriebe gefertigt werden sollte. „Die Anforderungen waren mit herkömmlichen Zahnradgetrieben nicht zu schaffen“, sagt Eisele. Also haben er und seine Kollegen etwas ganz Neues gebaut. „Bei unserem System ist die Übersetzung nicht durch die geometrische Form eines runden oder ovalen Zahnrads limitiert, sondern das Bewegungsmuster der einzelnen Zähne sorgt für eine viel höhere Untersetzung“, erklärt Eisele. Man kann also die Geschwindigkeit der Eingangs- und Ausgangsbewegung viel weiter herunterschrauben und bekommt ein dementsprechend höheres Drehmoment. So heißt fachlich die Kraft, die unter einem Hebelarm auf einen Drehpunkt einwirkt.

»Ein großer Vorteil unserer Entwicklung ist, dass es robust gegen Störungen von außen ist und eine hohe Verdrehsteifigkeit bietet.«

Philipp Eisele,

Kraken Innovations in Graz

Wenn ein Bauraum begrenzt ist, aber viel Gewicht gehoben werden soll, ist es mit herkömmlichen Systemen schwierig. „Wir übertragen die Kraft Zahn für Zahn, die alle unabhängig voneinander sind“, beschreibt Eisele. Die Bewegungsprofile ähneln einem Kraken im Meer, und auch die Intelligenz und Flexibilität eines Oktopus waren entscheidend für die Wahl des Firmennamens.

„Ein großer Vorteil unserer Entwicklung ist, dass es robust gegen Störungen von außen ist und eine hohe Verdrehsteifigkeit bietet.“ Die Position des Getriebes verrutscht nicht, egal wie stark der Roboter gegen ein Hindernis stößt, ein Windstoß das Windrad erfasst oder ein Motor ruckelt.

Die aktuellen Systeme von Kraken-Innovations haben einen Durchmesser von circa zehn Zentimetern, und erste Kunden kommen aus dem Bereich des Anlagenbaus und der Messtechnik. „Einen weiteren Vorteil bietet der eigens entwickelte Sensor zur Betriebsdatenerfassung“, sagt Eisele.

Daten am Zahn sammeln

Während herkömmliche Systeme klobige zusätzliche Messgeräte für Drehmoment, Position, Temperatur, Drehzahl und Verschleiß im Getriebe benötigen, liefert die Messung im Kraken-Getriebe all diese Infos auf einmal. „Die Überwachung von Anlagen ist enorm wichtig“, so Eisele. Nicht nur für die Wartung, sondern auch zum Energiesparen und optimieren der Vorgänge. „Bei uns ist das möglich, weil jeder Zahn getrennt für sich arbeitet – wie der Arm eines Kraken – und die Daten direkt am Entstehungspunkt abgegriffen und verarbeitet werden.“

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