Irans Außenminister Amir-Abdollahian will weitere Eskalation mit Israel verhindern. Dieses könnte am Freitag bei seinem Gegenschlag eine etwas ungewöhnliche Waffe gegen den Iran eingesetzt haben.
Nach dem beispiellosen iranisch-israelischen Schlagabtausch der vergangenen Woche mit Drohnen- und Raketenattacken setzte Irans Außenminister, Hossein Amir-Abdollahian, am Samstag betont auf Deeskalation. Die Konflikte in Nahost müssten politisch gelöst werden, Krieg nütze niemandem, sagte er bei einem Besuch der UNO in New York.
Israel müsse „seine Kriegsverbrechen“ einstellen, sagte er wohl in Hinblick auf den Gaza-Krieg. Dann seien in dem seit Oktober dauernden Konflikt, ausgelöst durch einen Überfall der Hamas aus Gaza heraus auf Israel, humanitäre Hilfsleistungen und ein Austausch von Geiseln gegen Gefangene machbar, sagte Irans Chefdiplomat.
Amir-Abdollahian hatte zuvor betont, dass man auf den Gegenschlag Israels vom Freitag, der auf einen viel größeren Angriff der Iraner am Wochenende folgte, nicht reagieren werde. Es habe „weder Schäden noch Opfer“ gegeben, die benützten Kleindrohnen seien ohnehin „Spielzeug“ gewesen.
Indes schälen sich neue Details zum Ablauf dieser Attacke heraus, die Ziele in Täbris (Nordwestiran) und bei Isfahan im Zentraliran betroffen hat. Bei Isfahan befinden sich Anlagen unter anderem der Atomindustrie.
Schoss Israel mit Übungsraketen?
Im Spiel waren nämlich vermutlich nicht nur kleine Drohnen, die übrigens wegen ihrer mäßigen Reichweite nur im Iran selbst gestartet sein konnten, was man als Gruß der Israelis nach dem Motto „Wir sind schon hier!“ verstehen kann: Vielmehr verdichten sich die Hinweise, dass israelische Kampfflugzeuge auch Raketen großer Reichweite und ziemlich ungewöhnlichen Typs abgefeuert haben.
Basierend auf Hinweisen wie Aussagen israelischer und US-Beamter, Auswertungen von Flugzeugbewegungen sowie aufgrund eines Raketenbauteils, das man am Freitag im Irak gefunden hat und Israel zuordnet, gibt es folgende These:
Kampfjets vom Typ F-35 Adir oder (viel wahrscheinlicher) F-15 Ra’am bzw. Baz sind in eine Zone über Syrien geflogen, wo israelische Luftangriffe zuvor Radaranlagen zerstört hatten, werden dort in der Luft betankt und fliegen etwas weiter gen Osten, eventuell bis in den Westirak, wo sie bis zu drei Luft-Boden-Raketen vom Typ Blue Sparrow starten. Deren ausgebrannte Startmodule fallen in die zentralirakische Wüste, die Gefechtsköpfe fliegen weiter auf einer ballistischen Bahn in den Iran, bei Isfahan jedenfalls wird eine Flugabwehrstellung getroffen.
Die circa sechs Meter langen Blue Sparrows sind eigentlich so wie andere Modelle dieser Sparrow-Familie Zieldarsteller, die – für Flugabwehrtests – iranische Mittelstreckenraketen simulieren. Sie sind aber kleiner und fliegen wohl nicht so weit wie diese, es könnten 800 bis 1200 km oder auch mehr sein, klare Zahlen gibt es offenbar nicht. Isfahan, etwa 1500 km entfernt von Israel, wäre auf diese Art erreichbar gewesen.
Iranische Raketen gegen den Iran, sozusagen
Diese Zieldarstellungsraketen werden im normalen Einsatz, also bei Abfangübungen, gar nicht zwingend mit einem Gefechtskopf versehen, meistens sind sie leer oder mit Wasser, Sand und anderen Materialien gefüllt. Ob sie diesfalls Sprengstoff trugen, ist unklar; aufgrund der angeblich geringen Schäden taten sie es womöglich nicht und es war nur beabsichtigt, auch hier ein Signal an den Iran zu setzen, sozusagen anzuklopfen.
Fast schon humorig wirkt in diesem Fall die Tatsache, dass die Raketen der Sparrow-Familie (nicht zu verwechseln mit den gleichnamigen Luft-Luft-Raketen des US-Herstellers Raytheon) verbreitete ballistische Raketen etwa russischer und iranischer Bauart simulieren, auch in Verhalten und technischen Details. Grob zugespitzt könnte man sagen, dass Israel den Iran mit iranischen Raketen beschossen hat.
>>> Link zum Hersteller der Blue Sparrow