Israel

Netzah-Yehuda-Bataillon: Die umstrittene Armee-Einheit für Ultraorthodoxe

Israelische Soldaten des jüdischen ultraorthodoxen Bataillons „Netzah Yehuda“ halten Morgengebete ab, während sie am 19. Mai 2014 in den von Israel annektierten Golanhöhen, nahe der syrischen Grenze, an ihrer jährlichen Einheitsausbildung teilnehmen.
Israelische Soldaten des jüdischen ultraorthodoxen Bataillons „Netzah Yehuda“ halten Morgengebete ab, während sie am 19. Mai 2014 in den von Israel annektierten Golanhöhen, nahe der syrischen Grenze, an ihrer jährlichen Einheitsausbildung teilnehmen.AFP/Menahem Kahana
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Die US-Regierung will womöglich in den kommenden Tagen Sanktionen gegen die umstrittene israelische Armee-Einheit verhängen. Die Kampfeinheit gilt in Israel als Erfolg. Sanktionspläne der USA stoßen dort auf entsprechende Empörung.

Dass die USA ausgerechnet gegen eine israelische Armee-Einheit Sanktionen verhängen will, mag auf den ersten Blick erstaunclih klingen. Offiziell ist nicht bekannt, gegen welche Einheit die USA vorgehen wollen. Doch israelischen und US-Medien zufolge handelt es sich bei der Einheit um das Netzah-Yehuda-Bataillon. Dessen Soldaten sollen an Übergriffen auf Palästinenser im Westjordanland beteiligt gewesen sein. Das Bataillon ist eine Einheit der israelischen Armee, in der großteils strengreligiöse junge Männer dienen.

Das Bataillon wurde 1999 ursprünglich als Vorzeigeprojekt mit 30 Soldaten gegründet, um ultraorthodoxen Männern, die per Ausnahmeregelung vom Militärdienst befreit sind, den Zugang zum Wehrdienst zu erleichtern. Die Kampfeinheit gilt als Erfolg, mittlerweile umfasst sie rund tausend Soldaten.

Zwar dienen Ultraorthodoxe auch in anderen Armee-Einheiten, im Unterschied dazu geht das Netzah-Yehuda-Bataillon jedoch auf die besonderen Befindlichkeiten strengreligiöser Juden ein. So wird ihnen extra Zeit für Gebete und religiöse Studien eingeräumt. Zudem ist ihr Kontakt zu Soldatinnen begrenzt.

Mischung aus Ultraorthodox und Ultranationalistisch

Neben jungen Männern aus dem ultraorthodoxen Spektrum nahm das Bataillon jedoch im Laufe der Jahre zunehmend auch Angehörige der nationalreligiösen Siedlerbewegung auf, die unter anderem den rechtsextremen Parteien der Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir nahestehen. Zuletzt mehrte sich deshalb Kritik an der Einheit, unter anderem wegen mutmaßlicher Übergriffe von Soldaten auf Palästinenser.

So sollen Netzah-Yehuda-Soldaten im Westjordanland für den gewaltsamen Tod des Palästinensers Omar Assad verantwortlich gewesen seien: Der US-Doppelstaatler starb 2022 an einem Herzinfarkt, nachdem er festgenommen und später auf einer Baustelle ausgesetzt worden war. Laut einer palästinensischen Untersuchung starb der 80-Jährige an einem durch Misshandlung verursachten stressbedingten Herzinfarkt.

Präsidnet Herzog: US-Sanktionen wären „großer Fehler“

Israels Präsident Yitzhak (Isaac) Herzog bezeichnete die mögliche Verhängung von US-Sanktionen gegen das Bataillon als „großen Fehler“. Mögliche Verfehlungen von Mitgliedern des Bataillons würden in Israel untersucht und verfolgt, sagte Herzog am Sonntag in einem Interview mit „Bild“, „Welt“ und anderen Springer-Medien. Am Freitag hatte US-Außenminister Antony Blinken einen entsprechenden Schritt angekündigt.

Auch der israelische Regierungschef Netanjahu reagierte empört auf die Berichte. „Die israelische Armee darf nicht bestraft werden“, schrieb er im Onlinedienst X. In einer Zeit, in der „unsere Soldaten gegen die Monster des Terrors“ kämpften, sei ein derartiges Sanktionsvorhaben „der Gipfel der Absurdität und ein Verstoß gegen die Moral“.

Streit um Sonderregeln für Ultraorthodoxe

In Israel ist der Militärdienst für Männer und Frauen verpflichtend, jedoch können ultraorthodoxe Juden, die sich Vollzeit dem Studium der heiligen Schriften widmen, davon befreit werden. Diese seit 1948 geltende Ausnahmeregelung sorgt seit Jahren für Unmut in Israel.

Die Debatte um eine Aussetzung dieser Regelung hat insbesondere seit dem Beginn des Krieges am 7. Oktober infolge des Hamas-Angriffs neue Dringlichkeit erhalten. Laut dem Israelischen Institut für Demokratie (IDI) zählen etwa 14 Prozent der jüdischen Bevölkerung Israels zur religiösen Strömung der Ultraorthodoxen, das sind fast 1,3 Millionen Menschen. (APA/AFP)

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