WIIW-Prognose

Russland wird das Geld für den Ukraine-Krieg nicht ausgehen

Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu besichtigt eine Panzerfabrik. Die russische Kriegswirtschaft boomt.
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu besichtigt eine Panzerfabrik. Die russische Kriegswirtschaft boomt.Imago / Vadim Savitsky
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Während zögerliche Hilfen für die ukrainische Wirtschaft zum Problem werden, boomt die russische Kriegswirtschaft. Der Osten der EU wächst robust, davon profitiert auch Österreich.

Deutschland zieht runter, Osteuropa rauf. In etwa so lässt sich Österreichs Lage zwischen West- und Osteuropa volkswirtschaftlich ausdrücken. Denn während die Konjunktur des großen Nachbars und Österreichs wichtigsten Handelspartners schwächelt, wächst der für Österreichs Wirtschaft wichtige Osten der Europäischen Union vergleichsweise robust. Für 2024 prognostiziert das Wiener Institut für Internationale Wirtschaftsvergleiche (WIIW) den östlichen EU-Mitgliedern der Region ein Wachstum von durchschnittlich 2,5 Prozent, das 2025 auf drei Prozent anziehen sollte. Damit dürften sie die heuer beinahe stagnierende Eurozone wieder deutlich überflügeln und auch im nächsten Jahr fast doppelt so stark wachsen wie diese.

Wiewohl die jüngste Osteuropaprognose des WIIW mit beträchtlichen Abwärtsrisiken verbunden ist. Denn in der Ukraine und damit in unmittelbarer Nachbarschaft wütet weiter der von Russland angezettelte Krieg. „Eine zu schwache Erholung in Deutschland, Störungen der globalen Lieferketten und die Wahl Donald Trumps zum nächsten US-Präsidenten könnten die Region in Turbulenzen bringen“, sagt Olga Pindyuk, Hauptautorin der Prognose. Noch schwerer wiegt allerdings das Risiko eines großen Krieges in Nahost zwischen Israel und dem Iran. Ein solcher „würde wohl zu einem neuerlichen Energiepreisschock führen und die Inflation wieder befeuern“, sagt die Ökonomin.

Ukraine hängt an Hilfen

Zwar haben die USA nach langem Ringen nun ein weiteres milliardenschweres Hilfspaket für die Ukraine auf den Weg gebracht. Aber die Unsicherheit im Zusammenhang mit westlicher Unterstützung lastet schwer auf der Wirtschaft des überfallenen Landes. Nach 5,3 Prozent Wachstum im vergangenen Jahr prognostiziert das WIIW der Ukraine heuer ein Wachstum von 3,2 Prozent. „Das Fehlen von Flugabwehrraketen wird immer mehr auch zu einem ökonomischen Problem, weil die Energieversorgung und wichtige Industriebetriebe immer öfter getroffen werden“, beklagt Pindyuk. „Letztlich steht und fällt alles mit ausreichender und rechtzeitiger Militär- und Finanzhilfe durch den Westen – allein 2024 klafft in der Ukraine eine Finanzierungslücke von 40 Milliarden US-Dollar“, so Pindyuk.

Russlands Kriegswirtschaft läuft indes heiß. Zwar dürfte sich das Wachstum der russischen Wirtschaftsleistung (BIP) nach 3,6 Prozent im Vorjahr auf heuer 2,8 Prozent abschwächen. Allerdings wächst das russische BIP damit um 1,3 Prozentpunkte kräftiger als noch im Winter vom WIIW prognostiziert. Die öffentliche Hand gibt massiv Geld für Putins Ukraine-Feldzug aus, deshalb boomt die Wirtschaft. „Fachkräftemangel und Kriegskeynesianismus ließen die Reallöhne im vergangenen Jahr um fast acht Prozent steigen, was den privaten Konsum um 6,5 Prozent anziehen ließ. Diese Entwicklung könnte noch einige Zeit so weiter gehen. Die hohen Zinsen dürften den Wirtschaftsboom und damit die Inflation aber einbremsen“, sagt Vasily Astrov, Russland-Experte des WIIW.

Gefahr der Sekundärsanktionen

Der Ausblick für den russischen Staatshaushalt ist gut. Die Steuereinnahmen sprudelten trotz gesunkener Einnahmen aus Energieexporten im ersten Quartal 2024. „Putin wird das Geld für den Krieg nicht ausgehen“, sagt Astrov. Eher stelle sich die Frage, was nach dem Krieg kommt. Denn aktuell sei die russische Wirtschaft völlig abhängig von ihm. Der Ökonom sieht in den immer schärferen Sekundärsanktionen des Westens gegen Drittstaaten wie China oder die Türkei aber mögliche Probleme für Russland. „Wenn türkische Banken, wie kürzlich geschehen, plötzlich keine Zahlungen mehr für russische Importe annehmen und auch Transaktionen in chinesischen Yuan schwieriger werden, könnten Russland sehr bald wichtige Maschinen und Bauteile aus dem Westen wie etwa Mikrochips fehlen“, meint Astrov.

Wenngleich das robuste Wachstum im Osten der EU eine gute Nachricht für Österreichs Wirtschaft ist, könnte der Ukraine-Krieg zu Verwerfungen hierzulande führen. Denn mit Jahresende lauft der Transitvertrag zwischen der russischen Gazprom und der ukrainischen Naftogaz aus. Die Ukraine will Stand jetzt auch nicht verlängern, was bedeutet, dass ab 2025 womöglich kein Gas mehr via Ukraine nach Österreich kommt. Die heimische Wirtschaft müsste dann neue Versorgungsrouten erschließen und mit erneut gestiegenen Gaspreisen fertigwerden.

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