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Döner-Diplomatie

Frank-Walter Steinmeier, der deutsche Präsident, reiste mit einem Döner-Spieß in die Türkei. Es ist ein wenig so, als würde man Eulen nach Athen tragen.

Zehn Jahre ist es her, dass das letzte Mal ein deutscher Präsident das Reich des Sultans Recep Tayyip Erdoğan besucht hat. Die Reise an den Bosporus endete im Unfrieden, weil Joachim Gauck, der frühere Pastor, es gewagt hatte, die Defizite der türkischen Demokratie anzusprechen. Das grenzte an Majestätsbeleidigung, und der deutsche Botschafter war hernach Stammgast im Außenministerium in Ankara, um sich die Leviten lesen zu lassen.

Deutscher Außenminister war damals ein gewisser Frank-Walter Steinmeier, und der begab sich nun als Staatsoberhaupt neuerlich in die Gefilde des Sultans. Um ihn gewogen zu stimmen und die deutsch-türkische Freundschaft gebührend zu zelebrieren, brachte er einen 60 Kilo schweren Spieß mit Döner-Fleisch samt deutsch-türkischem Kebab-Koch mit. Ein Affront? Deutscher Döner-Import in Istanbul und Ankara? Kulturkritiker unkten, dies sei so, als würde man Eulen nach Athen tragen. Wo käme man denn da hin?

Bleiben nur ein paar Fragen. Lamm oder Huhn? Mit Knoblauchsauce, Zwiebeln und allem? Erdoğan, ein Freund scharfer Worte, wählt vermutlich die Variante extrascharf. Für den strenggläubigen Muslim verbietet sich indessen Raki zum Runterspülen. Steinmeier kann nur hoffen, dass seine Döner-Diplomatie nicht in die falsche Kehle kommt. Inschallah!

E-Mails an: thomas.vieregge@diepresse.com

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