Staatsbesuch

Döner-Diplomatie: Steinmeiers Türkei-Auftritt mit dem Fleischmesser sorgt für Spott

Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier brachte Döner mit in die Türkei und säbelte selbst das Fleisch ab.
Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier brachte Döner mit in die Türkei und säbelte selbst das Fleisch ab.Reuters, Cuneyt Karadag
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Der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sorgt bei seinem Besuch in der Türkei mit Grillfleisch-Diplomatie für Aufsehen. Döner sei schließlich ein Symbol, „wie sehr Türkei und Deutschland zusammengewachsen sind“.

Die politischen Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei waren ziemlich konfliktreich in den vergangenen Jahren. Eines aber überbrückt viele Differenzen: die Vorliebe für gegrilltes Fleisch. „Mindestens im kulinarischen Bereich ist der Döner ein Beispiel dafür, wie sehr die Türkei und Deutschland zusammengewachsen sind“, sagt der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag in Istanbul.

Am Montagmittag war Steinmeier zum ersten Türkei-Besuch seiner siebenjährigen Amtszeit in Istanbul gelandet. Mit dabei im Präsidenten-Airbus: ein tiefgefrorener 60 Kilogramm schwerer Dönerspieß aus dem Berliner Grillimbiss „Hisar“ - mitsamt Imbissbesitzer Arif Keles, der das Fleisch am Abend beim Empfang des deutschen Bundespräsidenten am Bosporus servieren sollte. Eine Geste, mit welcher der Bundespräsident die „zwischenmenschlichen und zwischenkulturellen Beziehungen“ zwischen beiden Ländern zum Ausdruck bringen will, so sagt es Steinmeier in Istanbul.

„Hauchzart, habt ihr das gesehen?“

Die Videos des Versuchs Steinmeiers, das zubereitete Fleisch vom Spieß zu schneiden, verbreiteten sich rasch im Internet. Steinmeier müht sich redlich - mit Schürze über dem Anzug -, ein paar Fleischstücke mit dem langen Dönermesser zu schneiden. Nach mehreren Versuchen gelingt ihm ein kleiner Erfolg, den er in Richtung Zuschauer mit den Worten „Hauchzart, habt ihr das gesehen?“ kommentiert.

Im Internet wird diese Döner-Inszenierung nicht nur aufgrund der Langsamkeit des präsidialen Dönergrillmeisters mit Spott überhäuft. In der Kritik steht auch die klischeehafte Sicht auf die Türkei, die diese Aktion repräsentiere. Schließlich würde Steinmeier auch nicht nach Italien reisen, um dort eine aus Deutschland mitgebrachte Pizza in den Steinofen zu schieben.

Treffen mit Erdogan am Mittwoch

Steinmeiers Döner-Diplomatie bildet den harmonischen Auftakt eines schwierigen Besuchs, der Konfliktpotenzial birgt. Streitthemen prägen die Beziehungen auf Regierungsebene - die Defizite der Türkei im Bereich Demokratie und Menschenrechte etwa oder die aktuelle Unterstützung der Türkei für die radikalislamische Hamas. Steinmeier kennt die Reizbarkeit des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, mit dem er in den vergangenen Jahren gelegentlich schon persönlich aneinandergeraten war.

Der Besuch des deutschen Bundespräsidenten fällt in eine Zeit, in der im politischen System der Türkei einiges in Bewegung geraten ist. Bei der Kommunalwahl vor wenigen Wochen hat Erdoğans AK-Partei ihre empfindlichste Niederlage in den 20 Jahren ihrer Herrschaft hinnehmen müssen. Die Türkinnen und Türken zeigen ihrem Präsidenten die Grenzen seiner Macht. Steinmeier will in seinen Gesprächen vor Ort ausloten, wohin diese Entwicklung führen könnte.

Offizieller Anlass für Steinmeiers Besuch ist ein Jubiläum: 100 Jahre diplomatische Beziehungen zwischen Deutschland und der Republik Türkei. Ein Schwerpunkt liegt auch auf der Würdigung der Lebensleistung all jener Türken, die seit 1961 als Arbeitsmigranten nach Deutschland kamen und die junge Bundesrepublik mit prägten. Aber der Blick des Bundespräsidenten soll eben auch nach vorne gehen und ausloten, wie die Zukunft der deutsch-türkischen Beziehungen aussehen könnte - eine Zukunft nach der langen Herrschaft von Recep Tayyip Erdoğan. (Red/AFP/Ag.)

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