Klimt-Auktion

Spektakulärste Auktion, die es in Österreich je gab: Heute Abend wird Klimts „Fräulein Lieser“ versteigert

Viele Menschen nutzten in den vergangenen Tagen die Gelegenheit, Klimts „Fräulein Lieser“ vor ihrer Auktion „Im Kinsky“ im Original zu sehen. Bevor sie sich höchstwahrscheinlich in eine ferne Privatsammlung verabschiedet.
Viele Menschen nutzten in den vergangenen Tagen die Gelegenheit, Klimts „Fräulein Lieser“ vor ihrer Auktion „Im Kinsky“ im Original zu sehen. Bevor sie sich höchstwahrscheinlich in eine ferne Privatsammlung verabschiedet.Reuters / Leonhard Foeger
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Heute, Mittwoch, um 18 Uhr beginnt die spektakulärste Auktion, die es in Österreich bisher gab: „Im Kinsky“ versteigert das wiederaufgetauchte Klimt-Bild „Fräulein Lieser“. Schätzpreis: 30 bis 50 Millionen Euro.

Das wird ohne Zweifel das teuerste Kunstwerk, das je in Österreich verkauft wurde. Und, wahrscheinlich, dass je in Österreich verkauft werden wird: Erstens kommen Klimt-Porträts nur noch sehr selten auf den Markt. Zweitens nicht in Österreich. Verkäufer erwarten sich von internationalen Auktionshäusern, die für derlei Gemmen ihre Hauptsitze in London oder New York vorsehen, schlicht mehr Gewinn.

Bei Klimts „Fräulein Lieser“ (1917) lief es anders, wie auch die „Presse“ berichtete, nachdem das Wiener Auktionshaus im Jänner seinen Coup vorstellte. Eines Tages hatte bei Auktionshaus-Miteigentümer und Anwalt Ernst Ploil einfach das Telefon geläutet. Ein Erbe bat ihn um einen Besichtigungstermin. Es stellte sich heraus, dass dieser im Besitz eines bisher verschollen geglaubten Klimt-Bilds war, „Fräulein Lieser“, von dem es bisher nur ein schwarzweiß Foto gab. Das Auktionshaus bekam den Auftrag, es zu verkaufen. Es kümmerte sich um eine Ausfuhrgenehmigung des Bundesdenkmalamts, ohne die das Bild international (und wohl auch nicht innerhalb Österreichs) verkäuflich wäre.

Man erforschte die Provenienz, die nicht in allen Details geklärt werden konnte, später durch Recherchen des „Standard“ und des Genealogen Georg Gaugusch erst wesentlich ergänzt wurden. Trotzdem bleiben Lücken: Man kann nicht 100prozentig sagen, welches Fräulein Lieser (drei kommen in Frage) hier dargestellt ist. Mittlerweile ist anzunehmen, dass es nicht wie bisher in den Werkverzeichnissen vermerkt Margarethe Constance ist, sondern ihre Cousine Helene Berger (geboren Lieser) ist, Österreichs erste Staatswissenschafts-Doktorandin. Es kann auch nicht 100prozentig geklärt werden, wie und wann das Bild in den Besitz einer Wiener Delikatessenhandlungs-Familie kam. Eines aber weiß man: Helenes Mutter und wahrscheinliche Auftraggeberin, die Kunstmäzenin Henriette „Lilly“ Lieser, wurde im KZ Auschwitz ermordet. Das zufällig diesen Herbst erschienene Bio-Fiction-Buch „Looking for Lilly“ von Anna Amilar beschreibt ihr Leben und ihr Ende auf bedrückendste Weise.

„Im Kinsky“ einigte sich, bevor all diese Infos selbst ihnen bekannt war, allerdings schon sicherheitshalber mit allen Nachkommen aller möglichen Erben der Lieser-Familie. Das Bundesdenkmalamt folgte der wahrscheinlichen Annahme, eines Notverkaufs oder unrechtmäßigen Besitznahme in der NS-Zeit, auch wenn keine Enteignung durch die Nazis dokumentiert ist. Und erteilte die Ausfuhrgenehmigung. Somit ist sogar anzunehmen, dass der Schätzpreis übertroffen wird. Erst voriges Jahr wurde aus derselben letzten Zeit Klimts die „Dame mit Fächer“ in London um 99,2 Millionen Euro versteigert, Klimt-Rekord bei einer Auktion. Die „Goldene Adele“ brachte 2006 bei einem Privatverkauf über ein Auktionshaus die Summe von 106,7 Millionen Euro.

Mögliche Nachteile für den Verkauf des „Fräulein Lieser“: Es ist nicht signiert, der Hintergrund blieb unvollendet. Klimt konnte es nicht mehr fertigstellen, er starb 1908. Das „Fräulein“ machte sich also mit verschwommenem Hintergrund auf den Weg. Der war erst glamourös, dann mörderisch und jetzt so spannend, dass man international von einem Klimt-Krimi berichtet. Wir werden das ebenfalls tun – heute Abend.

Es ist übrigens nicht das einzige Klimt-Bild, das an diesem Abend unter den Hammer kommt: Auch das Frühwerk „Marie Kerner von Marilaun als Braut“ (1891-1892) ist im Angebot, vergleichsweise günstig: 150.00 bis 250.000. Bis Februar war es als Dauerleihgabe der Besitzer im Belvedere zu sehen. Tut dem Preis sicher nicht schlecht. Unsere Augen zumindest hat es auch gefreut.

2014 freute sich das Belvedere über die Dauerleihgabe von Gustav Klimts Marie Kerner von Marilaun als Braut, jetzt wird sie verkauft.
2014 freute sich das Belvedere über die Dauerleihgabe von Gustav Klimts Marie Kerner von Marilaun als Braut, jetzt wird sie verkauft. Belvedere

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