Hintergrund

Neuer Verband, alte Erfolge? So plant Marcel Hirscher sein Comeback

Kann es nicht lassen: Marcel Hirscher kommt zurück.
Kann es nicht lassen: Marcel Hirscher kommt zurück. Getty Images
  • Drucken

Marcel Hirscher kehrt zurück. Wie sieht sein Comeback-Fahrplan aus? Und welche Erfolgsaussichten hat der 35-Jährige?

Die Lust am Skirennsport ist bei Marcel Hirscher nie erloschen, nun war das Feuer nicht mehr zu bändigen – und die endgültige Entscheidung fiel in gewohnter Hirscher-Manier vergleichsweise schnell. Der Salzburger, 35, kehrt fünf Jahre nach seinem Rücktritt auf die Rennpisten zurück – nicht für den ÖSV, sondern für den niederländischen Skiverband und das Heimatland seiner Mutter. „Ich bin vor fünf Jahren zurückgetreten und jetzt 35 Jahre alt – dementsprechend muss man meine Idee auch einordnen: Ich hätte gerne die Möglichkeit ab und zu Rennen zu fahren, einfach, weil es mir Spaß macht“, wird Hirscher zitiert.

Sein Perfektionismus ist von 67 Weltcupsiegen und unerreichten acht Gesamtweltcupsiegen noch bestens in Erinnerung, welche Hürden aber warten bei diesem Comeback? Und wie sind die Erfolgsaussichten?

Nationenwechsel

Bei einem Treffen mit ÖSV-Sportdirektor Mario Stecher vor wenigen Tagen in Salzburg hat Hirscher über sein Vorhaben, für die Niederlande ins Renngeschehen zurückzukehren, informiert. Eine kurzfristig einberufene ÖSV-Präsidentenkonferenz hat Mittwochfrüh in einem einstimmigen Beschluss den Nationenwechsel ermöglicht. Mit dem entsprechenden „letter of release“ wird der Vorstand des Internationalen Skiverbandes FIS bei nächster Gelegenheit seine Zustimmung erteilen.

Die Freigabe des ÖSV sei auch als Wertschätzung gegenüber Hirscher und seinen Verdiensten zu betrachten, erklärte ÖSV-Generalsekretär Christian Scherer. Allerdings: „Wie bedauern es natürlich, wir hätten ihn auch gerne mit Unterstützung des ÖSV zurück am Start gesehen.“

Trotz Starts für die Nederlandse Ski Vereniging (NSV): Frühere Erfolge helfen Hirscher nicht mehr, er muss sich seinen Startplatz im Weltcup erst wieder erkämpfen und will dafür schon im Sommer erste FIS-Rennen (zwei Ebenen unter dem Weltcup) in Neuseeland bestreiten.

Material und Team

Mit Van Deer Red Bull Sports hat Hirscher 2021 seine eigene Skifirma gegründet, die durch die Norweger Henrik Kristoffersen (u. a. WM-Gold im Slalom) und Timon Haugan im Rennsport reüssierte. Seine Akribie bei Material und Setup war einst einer seiner Erfolgsgaranten, damals noch als Atomic-Athlet, auch nach dem Karriereende gab er den Testfahrer bei Van Deer. Beim Comeback wird er nun von der eigenen Firma, inzwischen mit 50-prozentigem Red-Bull-Anteil, betreut – optimale Voraussetzungen also für den Materialtüftler.

Obwohl seine Skifirma nach wie vor nicht Mitglied im Austria Ski Pool ist, hätte es eine Lösung gegeben, dass Hirscher als ÖSV-Athlet mit Van-Deer-Skiern antritt. „Ich bin mit dem ÖSV im besten Einvernehmen und dankbar für alles, was wir erreicht haben – mein neues Projekt ist in Holland einfacher umzusetzen“, erklärte der Tennengauer.

Wie sein Team aussehen wird – Hirschers einstiger Vertrauenstrainer Mike Pircher betreut inzwischen Lucas Braathen – und ob er sich einer Trainingsgruppe, etwa mit Van-Deer-Aushängeschild Kristoffersen, anschließen wird, scheint noch offen. „Der genaue Plan wird in den nächsten Tagen definiert“, erklärte Patrick Riml, der neue Alpin-Chef des Red-Bull-Athletenprojekts. „Aber wir werden schon versuchen, mit anderen Athleten zu trainieren.“  

Erfolgsaussichten

Gelingt Hirscher tatsächlich durch entsprechende Ergebnisse bei unterklassigen FIS-Rennen eine rasche Rückkehr in den Weltcup, also noch in der Saison 2024/25, würde er dort erst einmal mit hohen Startnummern und bei herausfordernden Pistenbedingungen antreten müssen. Dass sein Alter nicht unbedingt ein Hindernis sein muss, zeigen André Myhrer oder Mario Matt, die mit jeweils 35 Jahren noch Slalom-Olympiasieger wurden, auch wenn der Sport zweifellos noch athletischer geworden ist.

Geplant hat Hirscher, sowohl im Slalom als auch im Riesentorlauf wieder anzutreten. Im Slalom ist der spezifische Trainingsaufwand am größten und das Risiko eines Ausfalls am höchsten, allerdings war die Leistungsdichte im jüngsten Weltcupwinter überschaubar. Den Riesentorlauf hat Hirscher während seiner Auszeit wohl am häufigsten trainiert, allerdings ist hier der überragende Marco Odermatt die neue Messlatte.

Hirschers Umfeld, darunter sein Vertrauter und Van-Deer-Geschäftsführer Toni Giger, dämpft die Erwartungen. „Es ist ein Einstieg in FIS-Rennen, nicht mehr und nicht weniger. Der Weltcup ist sehr weit weg“, sagt Ex-ÖSV-Sportdirektor Giger. Zu diesem Zeitpunkt schon von der Heim-WM 2025 in Saalbach-Hinterglemm zu sprechen, vermeidet man bewusst. Doch dort sollte einem Start für die Niederlande nichts im Wege stehen.

ÖSV-Herrencheftrainer Marko Pfeifer meint: „Dass er das Skifahren nicht verlernt hat, versteht sich von selbst. Eher ein Thema ist die Startnummer, da muss es schnell nach vorne gehen, um konkurrenzfähig zu sein. Dann kann es sehr schnell gehen, und er kann wieder ganz vorne mitfahren.“

Motivation

Im Vordergrund, das betonen alle mit dem Hirscher-Comeback vertrauten Personen, stehe beim Salzburger die Lust am Rennsport, die er wieder ausleben möchte. Daher auch der Gang zurück auf FIS-Niveau. Hirscher sei es wichtig gewesen, für die Niederlande zu starten und nicht einem österreichischen Nachwuchsläufer Startplatz und Ressourcen streitig zu machen. Er wolle keine Sonderbehandlung, starte deshalb das Comeback-Projekt von ganz unten.

Natürlich hat man bei Van Deer insgeheim immer mit Hirschers Rückkehr geliebäugelt, doch auch bei Red Bull gibt man sich bezüglich Marketing-Aktivitäten noch zurückhaltend. Auf eine große Comeback-Show, wie sie jüngst Red-Bull-Athlet Lucas Braathen, der norwegische Jungstar, der nun für Brasilien an den Start gehen wird, veranstaltet hat, wurde jedenfalls verzichtet.  

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.