Misslungene Umgestaltung?

„Bäume zerstören Wirkung“ von Michaelerplatz: Architekten kritisieren Ludwig scharf

So soll der Michaelerplatz nach Plänen der Stadt aussehen. Fachleute sind empört.
So soll der Michaelerplatz nach Plänen der Stadt aussehen. Fachleute sind empört. Zoom Visual Project Gmbh
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Das historische Ensemble am Michaelerplatz werde durch die geplante Umgestaltung schwer beeinträchtigt, kritisieren österreichische und internationale Architekten und Kunsthistoriker den Wiener Bürgermeister in einem offenen Brief.

Ein Wasserspiel, Sitzbänke und ein paar Bäume – es ist das klassische Programm, mit dem die Stadt wie viele andere Orte in Wien nun auch den prominenten Michaelerplatz umgestaltet, begrünen und „klimafit“ machen soll. Doch genau diese Pläne, sie wurden am Montag von Planungsstadträtin Ulli Sima präsentiert, stoßen nun sauer auf. Österreichische Architekten und Kunsthistorikerinnen haben ihrer Empörung in einem offenen Brief an den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig Luft gemacht. Die Bepflanzung würde „die Wirkung des historischen Ensembles“ am Michaelerplatz „zerstören“, heißt es darin.

In dem Brief, der der „Presse“ vorliegt, kritisieren die Fachleute nicht die angestrebte Begrünung der Stadt an sich. So seien „die Bestrebungen der Stadt Wien zur Klimaanpassung grundsätzlich zu begrüßen“. Bloß, am Michaelerplatz, einem „einzigartigen, ikonischen Stadtraum“, hätten „Pflanzinseln mit Sitzbänken und Bäumen“ und Wasserspiele nichts verloren. „Der Michaelerplatz ist ein urbaner Raum, dessen Wirkung wesentlich vom Zusammenspiel der ihn umstehenden Bauten ausgeht.“ Mit Bäumen und Wasserspielen dazwischen würde dieser „schwer beeinträchtigt, der Platz verliert seinen urbanen Charakter als großzügige ‚Leerfläche‘ im dichten Stadtgefüge.

Unterstützer von Harvard bis Sorbonne

„Die geplante Neugestaltung des Platzes bedroht seine städtebauliche Wirkung und fügt dem historischen Ensemble gravierenden Schaden zu“, heißt es in dem Brief der Initative weiter, die sich „SOS Michaelerplatz“ nennt. „Niemand würde auf die Idee kommen, auf der Piazza Navona in Rom, der Grand-Place in Brüssel oder auf dem Domplatz in Salzburg Bäume zu pflanzen.“ Unterzeichnet wurde der Brief auch von zahlreichen internationalen Kollegen aus der Architektenwelt, von Professoren von der Sorbonne, der ETH Zürich und bis Harvard.

Unter den österreichischen Unterzeichnern finden sich Professoren der TU Wien, der Uni Wien, Uni Salzburg, Uni Innsbruck, der Boku Wien oder der Akademie der Wissenschaften sowie Mitglieder der Österreichische Gesellschaft für Architektur oder des Vorarlberger Architektur Instituts. Darunter etwa Maria Auböck, Präsidentin der Zentralvereinigung der Architektinnen Österreichs, Christian Kühn, Vorsitzender der Architekturstiftung Österreich, Maik Novotny, Vorstandsvorsitzender der Österreichischen Gesellschaft für Architektur, Brigitte Mazohl, Historikerin an der Uni Innsbruck, oder Kunsthistorikerin Bernadette Reinhold, Leiterin des Oskar Kokoschka Zentrums.

„Nicht nur publikumswirksame Orte“

Sie fordern den Wiener Bürgermeister auf, mit Experten eine Gesamtlösung für die Neugestaltung des Platzes zu erarbeiten, die „der Bedeutung des Michaelerplatzes – auch im Kontext des Weltkulturerbes – gerecht wird.“ Zudem sei das „Ziel einer klimagerechten Stadt auf die Gesamtstadt bezogen umzusetzen und der Anpassung eine fundierte städtebauliche Analyse voranzustellen, nicht auf publikumswirksame Orte zu fokussieren und nicht (nur) auf privatwirtschaftliche Interessen zu reagieren.“

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