Gericht

Vorwürfe und Schreiduelle bei Terrorprozess

Tatort Justizanstalt Stein: Von hier wurde IS-Propaganda verschickt.
Tatort Justizanstalt Stein: Von hier wurde IS-Propaganda verschickt.C. Fabry
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Als Häftling soll der frühere Islamist Lorenz K. versucht haben, andere Personen zu Terroranschlägen zu verleiten.

Lorenz K. ist amtsbekannt. 2018 wurde er als damals 19-Jähriger zu neun Jahren Haft verurteilt. Er hatte per WhatsApp versucht, einen erst 13 Jahre alten Burschen zu einem islamistischen Terroranschlag in Ludwigshafen (Rheinland-Pfalz) zu verleiten. Am Freitag stand Lorenz K. erneut vor Gericht. Wieder wegen Terrorvorwürfen.

Das Erstaunliche: Der in Niederösterreich aufgewachsene Mann mit albanischen Wurzeln war in der Zwischenzeit gar nicht in Freiheit. Die terroristischen Straftaten, allen voran versuchte Anstiftung zum Terrormord im Namen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), soll er aus dem Gefängnis heraus verübt haben. Dies bestritt der nunmehr 25-Jährige. Die IS-Mitgliedschaft gestand er.

Ein zweiter Angeklagter

Auch ein zweiter Mann, Nino K., wegen versuchten Mordes zu einer langen Haftstrafe verurteilt, war wegen IS-Mitgliedschaft angeklagt. Der 33-Jährige gab zwar zu, ebenfalls als Gefängnisinsasse ein IS-Propagandavideo per Mobiltelefon weiterverschickt zu haben, bestritt aber den Vorwurf der IS-Mitgliedschaft.

Der erste Prozesstag im Straflandesgericht Wien brachte unglaubliche Szenen mit sich. Zwar sorgte penetranter Baulärm dafür, dass man im Publikum einige Aussagen gar nicht hören konnte. Doch dann folgte ein Schreiduell, das selbst die andauernden Bohrhammergeräusche übertönte (das Gericht wird umgebaut). Der routinierte Verteidiger Rudolf Mayer (er gilt gewiss nicht als aufbrausend) und ein ebenso lang gedienter, eigens angereister Vertreter der Staatsanwaltschaft Graz (diese vertritt die Anklage) gerieten sich so in die Haare, dass die vorsitzende Richterin die Notbremse ziehen musste. Sie verfügte zwecks Abkühlung eine zehnminütige Unterbrechung der Verhandlung.

In Kontakt mit einem Hassprediger

Das Duell galt der zentralen Frage: Wie kann es sein, dass ein rechtskräftig verurteilter radikaler Islamist aus dem Gefängnis heraus weiter aktiv ist? Mayer, Vertreter des Zweitbeschuldigten Nino K., kritisierte auch den Umstand, dass sein Mandant während der Haftverbüßung in der Justizanstalt Garsten (Oberösterreich) intensiv mit dem dort ebenfalls eingesperrten Hassprediger Mirsad Omerovic in Kontakt kommen konnte. Mit dem Resultat, dass Nino K. prompt zum Islam konvertierte.

„Das ist Anwaltskitsch!“

„Das ist Anwaltskitsch!“, rief der Staatsanwalt (die Justiz ersucht, bei Terrorprozessen die Namen der Akteure nicht zu nennen). Und ergänzte auf Steirisch: „Ein Lackl“ wie Nino K. müsse imstande sein, „nein“ zu Omerovic zu sagen.

Danach lieferte sich auch der Hauptangeklagte Lorenz K. verbale Geplänkel mit dem Staatsanwalt. Dabei war K. an einem Bein gefesselt. Ein Beingurt an einem Fußgelenk war mit einem Bauchgurt verbunden. Zudem war er von schwarz maskierten, schwer bewaffneten Justizwachebeamten umringt. Der Staatsanwalt zu K.: „Sind Sie die Außenstelle des IS in der Justizanstalt Graz-Karlau gewesen?“ Zur Erklärung: Lorenz K. kommunizierte sowohl von der Anstalt Krems-Stein als auch vom Gefängnis Graz-Karlau mit anderen Islamisten, darunter war auch ein Hamas-Terrorist. Er hatte zwei Instagram-Accounts mit insgesamt 300 Abonnenten. Diese Accounts konnte er mit Mobiltelefonen einrichten, die zuvor in die beiden Gefängnisse geschmuggelt wurden.

Urteil für Mitte Mai geplant

Auf die Frage des Staatsanwalts reagierte der von Anwalt David Jodlbauer vertretene Beschuldigte gereizt? Nein, er sei keine IS-Außenstelle gewesen – „nächste Frage.“ Und: „Was reden Sie?“

Warum er vom IS so lange nicht losgekommen sei? Lorenz K.: „Der IS war meine Welt, der Befreier von allem Übel.“ Das Urteil könnte Mitte Mai ergehen.

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