Konferenz in Wien

Automatisierte Waffensysteme im Krieg: „Der Oppenheimer-Moment unserer Generation“

Außenminister Alexander Schallenberg bei der Eröffnung der Konferenz zu
Außenminister Alexander Schallenberg bei der Eröffnung der Konferenz zu "Autonomen Waffensystemen 2024" am Montag in Wien APA / BMEIA / Michael Gruber
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In Wien traten hochrangig besetzte Panels zusammen, um über die Zukunft der automatisierten Waffensysteme zu beraten. Sie verändern die Kriegsführung – und sind eine große Gefahr für die Zivilbevölkerung.

Die Kriegsschauplätze dieser Welt vermehren sich kontinuierlich. Und sehr bald könnte sich der Einsatz neuester Technik durchsetzen und die Art der Kriegsführung dramatisch verändern: automatisierte Waffensysteme – also Maschinen, die ohne menschliches Zutun und basierend auf Daten und künstlicher Intelligenz funktionieren. Diese Technologie sei die größte Revolution auf dem Schlachtfeld seit der Erfindung von Schießpulver, sagte Außenminister Alexander Schallenberg am Montag. Es gehe nicht darum, die Entwicklung von neuen Technologien zu hemmen. „Aber man darf nicht naiv sein“, so Schallenberg, wenn es um die Öffnung dieser Büchse der Pandora gehe.

Schallenberg eröffnete am Montag eine zweitägige Konferenz in Wien, die sich den automatisierten Waffensystemen widmet – und vor allem der Herausforderung, internationale Regularien für deren Einsatz zu bestimmen. Freilich gebe es die Genfer Konventionen und das humanitäre Völkerrecht, sagte Mirjana Spoljaric Egger dazu, Präsidentin des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz. „Doch brauchen wir einen Rahmen, der sich explizit den autonomen Waffen widmet, die auf Menschen zielen.“ Die Teilnehmer der Panels vom Montag – von Außenministern der Länder des Globalen Südens und des Westens bis hin zu Experten – waren sich in diesem Ansinnen auch einig.

Es bleibt wenig Zeit bis 2026

„Das sind die großen Gefahren der automatisierten Waffen, sie unterscheiden nicht zwischen Gefahr und Mensch. Wir können nicht erlauben, dass diese Waffen auf Menschen zielen. Die Welt würde sich für immer verändern“, sagte der estnische Programmierer und Risiko-Experte an der Uni Cambridge, Jaan Tallinn. Ein anschauliches Beispiel dafür brachte die Außenministerin Sri Lankas, Aruni Wijewardane: Die Krisenherde in Asien spitzen sich mit jedem Tag zu. Das beginnt auf der koreanischen Halbinsel, erstreckt sich über die Handelswege im Pazifischen und Indischen Ozean, setzt sich fort in Süd- und Westasien.

„Der Einsatz von automatisierten Waffen würde die Situation und Auswirkungen auf die Menschen enorm verkomplizieren“, so Wijewardane. Eine Einschränkung bzw. ein Verbot von automatisierten Waffen will UN-Generalsekretär António Guterres bereits im Jahr 2026 implementiert haben. Doch der Weg dorthin ist steinig, wie bisherige Gespräche im UN-Rahmen zeigen. Vor allem Länder mit Waffenindustrie wehren sich gegen Einschränkungen, darüber hinaus ist es mit der globalen Gesprächsbasis nicht zum Besten bestellt.

Ja, es bleibe schwierig, sagte der albanische Außenminister, Igli Hasani, „der Multilateralismus leidet“. Doch dem setzte Aruni Wijewardane entgegen: Selbst in Zeiten des Kalten Krieges habe man Vereinbarungen treffen können, auf diese Hoffnung müssten auch die aktuellen Gespräche aufbauen.

Die Wiener Konferenz, bei der Vertreter von mehr als 130 Ländern teilnehmen, soll zum Austausch dienen, aber auch als Motor, um internationale Verträge auszuarbeiten. Die Menschheit befinde sich am Scheideweg, warnte Schallenberg am Montag. Das mögliche unkontrollierte Wachstum Autonomer Waffensysteme sei „der Oppenheimer-Moment unserer Generation“. Der Physiker Robert Oppenheimer gilt bekanntlich als „Vater der Atombombe“, doch warnte er nach dem Zweiten Weltkrieg vor den verheerenden Folgen der Bombe.

Die Welt von Schwarzenegger

Was in den Kriegen längst zum Einsatz kommt, sind teilautomatisierte Waffen wie Drohnen – ein Beispiel ist der jüngste Berg-Karabach-Krieg. Dort setzte Baku israelische Kamikaze-Drohnen ein; sie können sich eine Zeitlang in der Luft aufhalten, bis ein Soldat sie per Knopfdruck auf das Ziel fliegen lässt. Allein der Einsatz dieser Waffen öffnet schon die Büchse der Pandora. Der Historiker und Militärexperte des Bundesheers Markus Reisner schrieb über den Berg-Karabach-Krieg: „Wenn es so einfach fällt, ohne Risiko dem Gegner ,Kamikaze‘-Drohnen vorbeizuschicken, fällt wohl auch jede Hemmung, die das humanitäre Völkerrecht vorgibt.“ Angesichts dieser Entwicklungen sah sich Igli Hasani in die Science-Fiction-Welt von Arnold Schwarzenegger versetzt. „Er hätte wohl nicht gedacht, dass seine Filme so realistisch werden.“

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