Morgenglosse

Josef Fritzl als Herausforderung für die Justiz

Anwältin Astrid Wagner vertritt die Interessen ihres Klienten Josef Fritzl. Sie hat sogar ein Buch über ihn geschrieben.
Anwältin Astrid Wagner vertritt die Interessen ihres Klienten Josef Fritzl. Sie hat sogar ein Buch über ihn geschrieben.Getty (JOE KLAMAR)
  • Drucken

Das juristische Tauziehen um Josef Fritzl zeigt, dass es gar nicht so einfach ist, über den Strafvollzug für einen „Lebenslangen“ zu entscheiden.

Wird der zu lebenslanger Haft verurteilte Kindesmörder Josef Fritzl nach nur 16 Jahren Gefängnis freigelassen? Dies gilt als ziemlich unwahrscheinlich. Und wird am Dienstag auch (noch) nicht entschieden. Aber der 89-jährige Mann aus Amstetten legt derzeit alles in die Waagschale, um „wenigstens“ aus der forensisch-therapeutischen Abteilung (Maßnahmenvollzug) in den Normalvollzug überstellt zu werden. Nicht, weil es dort angenehmer wäre. Fritzl setzt diesen Schritt, um danach den nächsten setzen zu können. Sein eigentliches Ziel ist es nämlich, einen Antrag auf vorzeitig bedingte Freilassung zu stellen.

Dies mutet kühn an. Erstens „sitzt“ er erst seit 16 Jahren. Im Durchschnitt verbringen „Lebenslange“ aber 23 Jahre hinter Gittern. Aus präventiven Erwägungen wäre das Hinausspazieren aus der Anstalt wohl ein diskussionswürdiges Signal. Zweitens wäre Fritzl aufgrund seines Allgemeinzustandes wohl nicht mehr in der Lage, für sich selbst zu sorgen. Und drittens wäre es für ihn auch nicht ungefährlich, zumal Vergeltungsaktionen selbsternannter Rächer nicht auszuschließen wären.

Und was denkt die Öffentlichkeit?

Für den viel wahrscheinlicheren Fall, dass mittelfristig „nur“ die psychiatrische Unterbringung aufgehoben wird und Fritzl fortan ein Häftling unter vielen wäre, muss ebenfalls einiges berücksichtigt werden: Um gleich an Obiges anzuschließen: Auch innerhalb der Gefängnismauern könnte es mitunter zu heiklen Situationen kommen. Nicht alle Mithäftlinge lieben den sozialen Frieden.

Oder soll die Justiz den Mann, der seine Tochter unfassbare 24 Jahre in einem Kellerverlies gefangen hielt, mit ihr sieben Kinder zeugte und eines davon sterben ließ, gleich in der Krankenabteilung der Haftanstalt einquartieren? Oder wäre Fritzl gut beraten, um Verlegung in eine andere Anstalt anzusuchen? Und ja: Was wäre aus Sicht der Öffentlichkeit die beste Lösung? So ganz taub für die Stimme des Volkes (eben jenes Volkes, das per Laiengerichtsbarkeit am Urteil mitgewirkt hat) sind Behörden dann auch wieder nicht.

Der Fall „Fritzl“ sorgt also wieder für Schlagzeilen, 16 Jahre nach dem Auffliegen des monströsen Verbrechens. Ob die Justiz eine umsichtige Entscheidung fällt, wird sich zeigen. Eines steht aber schon fest: Sie wird es nicht leicht haben, alle Überlegungen unter einen Hut zu bringen.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.