Festspielhaus

Crystal Pite zeigt, wie man sich zusammenrauft (oder nicht)

Die Tänzerinnen und Tänzer in „Assembly Hall“ sind auch noch großartige Schauspieler.
Die Tänzerinnen und Tänzer in „Assembly Hall“ sind auch noch großartige Schauspieler.Michael Slobodian
  • Drucken

Die kanadische Choreografin kommt mit „Assembly Hall“ nach St. Pölten. Ein großartiges Stück zum Thema Demokratie.

Ein Basketballkorb hängt an der Wand. Es scheint sich um eine Turnhalle zu handeln. Aber statt schwitzender Sportler in Sneakers kommen hier Leute zusammen, bringen Kuchen, begrüßen einander, wollen reden. Man fühlt sich in eine dieser kleinen US-Gemeinden versetzt, die man aus Filmen kennt, wo es nirgends genügend Platz gibt für Versammlungen außer in der Schule. Die Sessel stehen im Halbkreis, als wäre es das Treffen einer Selbsthilfegruppe. Schon bald werden hier Menschen – und Ritter – ihre Kräfte messen, um einen Konsens ringen, einander an den Hals fahren.

Schlittern ins Überzeugungsgezerre

In „Assembly Hall“, das am 9. Mai im Festspielhaus St. Pölten gastiert, geht es um die Schwierigkeiten des Zusammenlebens und Sich-Zusammenraufens in einer Gemeinschaft. Um demokratische Prozesse, die in ein Überzeugungsgezerre, Feindseligkeit und letztlich in kriegerische Scharmützel kippen können. Es ist eine großartige Mischung aus Tanz und Theater, für die die kanadische Choreografin Crystal Pite mit ihrer Company Kidd Pivot bekannt ist. Gemeinsam mit dem Theatermacher Jonathon Young kreierte sie auch hier ein bildgewaltiges Stück zu einem universellen Thema.

Crystal Pite verkneift sich den erhobenen Zeigefinger

Unter dem Basketballkorb ist eine Bühne in die Wand geschnitten, die mit ihrem samtenen Vorhang wie ein übergroßes Kasperltheater wirkt. Hier werden die amüsanten Schaukämpfe ausgetragen, bei denen die Protagonisten in Ritterrüstungen übereinander herfallen. Eine Art Laientheater, wie es an US-High-Schoolen als Unterrichtsfach angeboten wird. Selten verstehen sich Tänzerinnen und Tänzer so virtuos auch auf das Schauspiel. Es wird zwar viel gesprochen – auf Englisch –, aber Mimik und Bewegungssprache sagen ohnehin alles.

Pite und Young verkneifen sich den erhobenen Zeigefinger. Mithilfe der Bühne auf der Bühne heben sie das zänkische Geschehen auf eine Metaebene und regen zum Schmunzeln an, während sie eindrücklich abhandeln, wie schwer es ist, friedlich in einer Gemeinschaft zusammenzuleben – für die, die gerade an der Macht sind, ebenso wie für die Bürger.

Compliance-Hinweis

Die Reisekosten zur Aufführung von Crystal Pites „Assembly Hall“ im Théâtre de la Ville in Paris übernahm das Festspielhaus St. Pölten.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.