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Demonstration für, nicht gegen den ORF

Schirme in allen Farben vor dem Bundeskanzleramt in Wien.
Schirme in allen Farben vor dem Bundeskanzleramt in Wien. APA / APA / Lukas Wodicka
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Die Türkis-grüne Regierung soll die notwendige ORF-Gremienreform durchführen, so die Demonstranten. Bevor die FPÖ in Regierungsverantwortung kommen könnte.

Jedenfalls seit der Einführung der Haushaltsabgabe hörte man eher Stimmen für als gegen den ORF. Rund 100 Personen haben am Donnerstagvormittag aber Schirme in allen Farben vor dem Bundeskanzleramt in Wien aufgespannt, um den ORF symbolisch vor politischem Einfluss abzuschirmen. Geladen zu der Aktion haben die Kampagnenorganisation #aufstehn, der Presseclub Concordia und Reporter ohne Grenzen. Sie fordern, dass Medienministerin Susanne Raab (ÖVP) die Unabhängigkeit des ORF sicherstellt, bevor die FPÖ in die Bundesregierung gelangen könnte.

Konkret bezog sich die Aktion im Vorfeld des internationalen Tags der Pressefreiheit am Freitag (3. Mai) auf ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) aus dem Vorjahr, wonach die Regierung bei der Bestellung von ORF-Stiftungsrat und -Publikumsrat zu viel Gewicht hat. Der VfGH hat der Regierung eine Gesetzesreparatur bis März 2025 aufgetragen.

Petition mit 30.000 Unterzeichnern

Befürchtet wird von den Demonstranten als auch den Interessensorganisationen, dass sich nicht mehr die türkis-grüne Regierung darum kümmert und somit die FPÖ, die seit langem in sämtlichen Umfragen führt, nach der Nationalratswahl im Herbst zum Zug kommen könnte. Schon jetzt würden FPÖ-Chef Herbert Kickl und Co. „klare Ansagen, wie sie den ORF umkrempeln wollen“, machen, heißt es in einer Petition, die bisher ca. 30.000 Menschen unterzeichnet haben.

„Unabhängige und kritische Medien sind enorm wichtig“, sagte Maria Mayrhofer von „aufstehn“ bei der Aktion am Donnerstag. Es brauche Information, auf die man sich verlassen könne. Doch die FPÖ sehe kritische Medien - und allen voran den ORF - als „Feindbild“. Der Einfluss der Parteien auf den ORF müsse rasch reduziert werden. „Wir fordern die Regierung auf, jetzt zu handeln“, so Mayrhofer, die das VfGH-Erkenntnis als „historische Chance“ bezeichnete, den ORF zu entpolitisieren.

»„Wer auseinanderdividieren will, der beginnt mit den bedeutendsten Medien des Landes und will die Meinung im Land kontrollieren“«

Michael Kerbler von Reporter ohne Grenzen

Auch Walter Strobl vom Presseclub Concordia und Michael Kerbler von Reporter ohne Grenzen erachten die Unabhängigkeit als essenziell für die Freiheit im Land und forderten eine Reform. „Wer auseinanderdividieren will, der beginnt mit den bedeutendsten Medien des Landes und will die Meinung im Land kontrollieren“, warnte Kerbler auch mit Blick auf Nachbarländer wie Ungarn und die Slowakei, wo der öffentlich-rechtliche Rundfunk unter Druck steht.

Über die Spaltung der Bevölkerung macht sich auch das Onlinemedium „relevant.“, das für lösungsorientierten Journalismus eintritt, Gedanken und fragte Medienschaffende, Forschende und Vertreter aus der Zivilgesellschaft, welchen Journalismus es braucht, um der Polarisierung etwas entgegenzusetzen. 28 Antworten langten ein - darunter finden sich etwa Corinna Drumm, Geschäftsführerin des Verbands Österreichischer Privatsender (VÖP), „taz“-Chefredakteurin Barbara Junge, Grünen-Mediensprecherin Eva Blimlinger, Kommunikationswissenschafter Matthias Karmasin oder auch Klaus Unterberger, Leiter der ORF-Stabstelle „Public Value“.

„Das Ziel für Qualitätsjournalismus muss es sein, Polarisierung verstehbar zu machen und ihre Treiber sichtbar, ihren Ursprüngen nachzugehen, den Unsicherheiten und Verlustängsten und diese noch viel stärker in den gesellschaftlichen Diskurs einzuspeisen“, meinte Junge. Drumm nannte eine Vielfalt an Meinungen, die objektive und faktentreue Einordnung von Information und die Förderung des öffentlichen Diskurses als Merkmale von ernsthaftem Journalismus als Gegenpol zur Spaltung der Gesellschaft.

Blimlinger merkte kritisch an, dass „als Fakten ausgegebene Fakes im Gewand des Seriösen, des Journalistischen daherkommen“. „Und auch wenn Journalistinnen und Journalisten sich an alle Regeln halten, wunderbar recherchiert haben, sind journalistische Beiträge - unabhängig auf welchem Weg sie in die Öffentlichkeit gelangen - leider muss ich sagen -, lediglich ein kleiner Teil der veröffentlichten Information“, so die Grünen-Politikerin. (APA)

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