Wien

„Macht mir Angst“: Antisemitische Parolen auf jüdischen Geschäften in Wien

Ein Bild der IKG zeigt antisemitische Parolen an der Wand eines Geschäfts mit jüdischen Eigentümern.
Ein Bild der IKG zeigt antisemitische Parolen an der Wand eines Geschäfts mit jüdischen Eigentümern.APA / Israelitische Kultusgemeinde
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Betroffen ist unter anderem ein Reisebüro. Der Besitzer fühlt sich dadurch in die NS-Zeit zurückversetzt, sagt er im Gespräch mit der „Presse“. Die Israelitische Kultusgemeinde nimmt eine Häufung antisemitischer Vorfälle wahr.

Im zweiten Bezirk in Wien sind mehrere jüdische Geschäfte mit antisemitischen Parolen besprüht worden. Eines davon ist das Reisebüro von Isaak Pretzel. „Ich bin am Feiertag (1. Mai, Anm.) in der Früh an meinem Geschäft vorbeigegangen und habe das gesehen“, erzählt er der „Presse“. „Wir sind alle schockiert und erschüttert“.

Betroffen seien einige Häuser in der Heinestraße im zweiten Bezirk in Wien. Zu lesen sind Parolen wie „Death to Zionism“ und „Victory to Palestine“. So etwas habe es vorher noch nie gegeben, sagt Pretzel, nicht in diesem Ausmaß. Es sei mehr als nur ein antisemitischer Vorfall. „Ich sehe das als eine Todesdrohung an“, so der Geschäftsführer des Reisebüros, das auf Trips nach Israel spezialisiert ist. Seine Eltern hätten die Shoa überlebt, erzählt er. Diese Aktion versetze ihn in diese Zeit zurück. „Das macht mir Angst.“

Der israelische Botschafter David Roet meldete sich umgehend zu den „antisemitischen Schmierereien“ zu Wort: „Das hässliche Gesicht des Antisemitismus ist wieder einmal sichtbar“. Auch er bezog sich auf Österreichs nationalsozialistische Vergangenheit: „Es ist immer wieder erstaunlich, wie wenig die Menschen aus der Geschichte gelernt haben“. Von der Verwendung von Zionismus statt Juden solle sich zudem niemand täuschen lassen. „Die überwiegende Mehrheit der Juden sind Zionisten“, so Roet. Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) zeigte sich „zutiefst erschüttert und angewidert von den antisemitischen Beschmierungen“.

Mit Steinen beworfen

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Oskar Deutsch, berichtete der „APA“, dass es zuletzt eine Häufung antisemitischer Vorfälle gegeben habe. Auf einen öffentlichen Vortrag der UN-Sonderberichterstatterin Francesca Albanese an der Universität Wien am Dienstag folgte demnach der Aufmarsch einer judenfeindlichen Gruppe, die Hassparolen skandiert habe. In der Nacht darauf seien die antisemitischen Beschmierungen an Hauswänden in einem jüdisch geprägten Viertel platziert worden.

Am 1. Mai seien zudem bei einer Demonstration am Ring „Terrorparolen“ skandiert und zur Vernichtung Israels aufgerufen worden. Am Nachmittag seien Jugendliche, die wegen ihrer Kleidung als jüdisch erkennbar waren, dann zu den Rufen „Free Palestine“ mit Steinen beworfen worden. „Erst das Wort, dann die Tat: Zizerlweise wird der Boden für antisemitische Übergriffe in Wien bereitet“, sagt er. Auch Pretzel erzählt, dass er zuletzt gehäuft Antisemitismus wahrgenommen habe.

Zwist um Wiener Festwochen

Deutsch nahm auch die Wiener Festwochen, die Mitte Mai starten in die Pflicht. Die Berufung in das virtuelle Gremium „Rat der Republik“ legitimiere Unterstützer der Israelboykott-Kampagne BDS wie Annie Ernaux und Yanis Varoufakis. Das sei mitverantwortlich für „ein Klima der Feindseligkeit gegen Israel und damit gegen Juden in Österreich“. Die Wiener Kulturpolitik unterstütze damit „indirekt die Radikalisierung antisemitischer Gruppen“.

Die Wiener Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler hat vor rund einer Woche die Mitwirkung von Ernaux und Varoufakis verteidigt. Beide würden nicht persönlich auftreten, sagte sie. Zugleich hielt die Stadträtin fest, dass bei den Festwochen ein „Feld des Dialogs“ bereitgehalten werde. Und sie betonte: „Für Antisemitismus gibt es bei den Festwochen keinen Platz“.

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