Landwirtschaft

Wiesen: Wenn schon schneiden, dann schonend

Jeder Tritt der Weidetiere und deren Dung erhöhen die Vielfalt auf den Weiden. Auch in Naturschutzgebieten bringt Beweidung Vorteile.
Jeder Tritt der Weidetiere und deren Dung erhöhen die Vielfalt auf den Weiden. Auch in Naturschutzgebieten bringt Beweidung Vorteile.Imago/Bernd Feil/m.i.s.
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Weidetiere sorgen für eine hohe Artenvielfalt. Hingegen kommen bei der Mahd viele Insekten ums Leben. Jetzt wurde erstmals auf Wiesen und Feldern getestet, wie man Insekten rettet.

„Kühe! Schafe!! Pferde!!!“ Wer mit Kindern reist, kennt die erfreuten Ausrufe, wenn entlang der Zugstrecke oder Autobahn Tiere auf Wiesen zu sehen sind. Dass Weidetiere nicht nur menschlichen Beobachtern guttun, sondern auch der Natur, ist wissenschaftlich belegt. „Extensive Beweidung auf natürlichem Grünland ist aktiver Klimaschutz“, sagt Tobias Schernhammer vom Ökologie-Institut Vinca in Wien. In Kooperation mit der Uni Wien und anderen Forschungseinrichtungen führt das Vinca-Team Studien zur Beweidung von Grünland, vor allem in Ostösterreich, durch.

„Wenn Weidetiere das Gras abfressen, wachsen mehr Wurzeln nach: Die kleinen Wurzeln binden stark CO2, wodurch Weiden zu echten CO2-Senken werden“, erklärt der Ökologe. Beweidete Flächen sind zudem resistenter gegen Trockenheit und Starkregen.

Frühe Weidetiere waren Elefanten

„Aus der Evolution ist es leicht zu erklären, wie unsere Ökosysteme an Beweidung angepasst sind“, sagt Schernhammer: „Es gibt sie seit Jahrtausenden, quer durch alle Warm- und Eiszeiten.“ Große Säuger wie Elefanten, Nashörner und Flusspferde hatten vor über 100.000 Jahren in Mitteleuropa ihre Weideflächen. „Pollendiagramme zeigen, dass Europa nicht von dichtem Wald bedeckt war, sondern große Flächen waldfrei und beweidet waren“, berichtet Schernhammer. Mit der Ankunft der Menschen starben viele Großsäuger hierzulande aus, die Beweidung ging mit Pferden, Eseln, Rindern und Ziegen weiter.

„Die Sichel wurde in der Bronzezeit erfunden (vor ca. 4000 Jahren, Anm.). Die Mahd existiert in der Geschichte der Evolution erst kurz, daher sind viele Tiere nicht an Mähwiesen angepasst“, sagt Schernhammer. Die Vinca-Teams erforschen die Artenvielfalt auf beweideten Flächen und wissen, dass solche eine hohe Strukturvielfalt bieten: Zahlreiche Insekten- und andere Tierarten finden Nistmöglichkeiten und Nahrung. Auch die Pflanzenvielfalt ist diverser, wo Tiere grasen. „Eine Weide hat Büsche, Kleinsträucher, Bäume“, zählt Schernhammer auf.

Jeder Tritt einer Kuh macht eine Mulde, die den Boden strukturiert. Die Ausscheidungen der Weidetiere bringen Nährstoffe und locken Insekten an, die wiederum Futter für Vögel und Kleintiere sind. Die Forschenden rechnen mit 100 Kilogramm Insektenmasse, die pro Kuh pro Jahr durch den Dung ernährt wird. „Auch Pferde sind optimale Weidetiere: Wo sie sich wälzen, ist der Boden aufgelockert und lückig“, erklärt Schernhammer.

Rinder, Ziegen, Pferde für Diversität

Die langjährigen Studien weisen darauf hin, dass gemischte Weiden die höchste Artenvielfalt fördern. „Zum Beispiel alte Rinderweiden mit Ziegen und Pferden. Nur Schafe sind evolutionär eine neuere Erscheinung in Mitteleuropa: Sie fressen selektiv Blütenpflanzen, was die Vergrasung fördert und für manche Insekten wie Zikaden und Falter problematisch ist“, beschreibt Schernhammer.

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