Junge Forschung

Was Sterne funkeln lässt

Lisa Bugnet will Magnetfelder in Sternen und deren Einfluss auf die stellare Evolution verstehen.
Lisa Bugnet will Magnetfelder in Sternen und deren Einfluss auf die stellare Evolution verstehen.Jana Madzigon
  • Drucken

Als Kind war die Astrophysikerin Lisa Bugnet gleichermaßen begeistert und frustriert vom Nachthimmel. Heute beantwortet sie die offenen Fragen von damals nach und nach.

Manche Sätze sitzen. Sie prägen sich ein, beeinflussen Entscheidungen. Bei Lisa Bugnet waren es zum Glück die richtigen. So ließ sie sich weder von der Fehleinschätzung eines Lehrers – sie sei nicht für die Forschung gemacht – noch von der abfälligen Bemerkung eines Ausschussmitglieds – sie wirke nicht wie ein „Geek“ (Nerd, Streber, Anm.) und stelle ihre Berechnungen vielleicht nicht selbst an – von ihrem Weg abbringen. Dieser führte die Französin, die südlich von Lyon aufgewachsen ist, im vergangenen Jahr nach Österreich. Hier leitet sie am Institute of Science and Technology Austria (Ista) in Klosterneuburg eine eigene Arbeitsgruppe. Die Astrophysikerin hat sich gegen 1229 Konkurrentinnen und Konkurrenten durchgesetzt, die ebenfalls mit ihrem Fachgebiet an der niederösterreichischen Forschungsstätte andocken wollten. Bugnets Fokus: Magnetfelder im Kern von sonnenähnlichen Sternen und deren Einfluss auf stellare Schwingungen.

Das Alter von Sternen vorhersagen

„Ich finde ja, ich sehe aus wie ein Geek“, meint die 29-Jährige lachend. Schnell wird sie wieder ernst. „Aber was soll so eine Aussage überhaupt?“ Besonders für Mädchen sei die Hemmschwelle für Naturwissenschaften aufgrund geschlechtsspezifischer Vorurteile immer noch hoch, wie derlei Aussagen zeigen. Sie selbst hat sich schon als Kind in den Kopf gesetzt, Sterne erforschen zu wollen: „Ich bin stur, das hat geholfen.“ Inspiriert wurde sie von ihrem Vater: „Er hatte ein Teleskop im Garten und fotografierte die Sterne. Mir gefielen die Bilder, aber weil mein Vater Ingenieur und nicht Physiker war, konnte er mir nicht erklären, was genau wir da am Himmel sahen.“ Das habe sie frustriert. Also studierte sie erst Physik in Lyon, dann Geowissenschaften und Astrophysik in Paris. Parallel dazu war es ihr wichtig, ihre Begeisterung für Sterne weiterzugeben, besonders an Kinder in bildungsfernen Kontexten. „Ich war Teil einer Gruppe von Freiwilligen, die mit kleinen Teleskopen in öffentliche Parks ging und den Himmel erklärte“, erzählt sie. „Viele sahen die Sterne zum ersten Mal so.“

»Ich bin stur, das hat auf dem Weg zur Forscherin geholfen.«

In ihrem Doktorat, das sie am französischen Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien absolvierte, führte sie ihre Expertisen zusammen und behandelte Fragestellungen der Asteroseismologie. Die Disziplin beschäftigt sich mit den mechanischen Schwingungen von jenen Sternen, die angeregt durch Vorgänge im Inneren funkeln (pulsationsveränderliche Sterne). Sie erlauben Rückschlüsse auf Aufbau und Eigenschaften der Himmelskörper – ähnlich wie die Seismologie Wellen nutzt, um Zusammensetzung und Prozesse in Erdschichten zu verstehen. Bugnet konnte auf theoretischer Ebene beweisen, dass sich mit bisherigen Methoden und Daten die Magnetfelder in Sternkernen studieren lassen.

Das Thema treibt sie auch am Ista um: „Wir brauchen mehr statistische Daten, um zu verstehen, was starke Magnetfelder innerhalb von Sternen bedeuten. In bisherigen Modellen zur Evolution von Sternen wurden diese aufgrund ihrer Komplexität ignoriert“, betont sie. Eine Vermutung: Die Magnetfelder beeinflussen die Rotation von Sternen, die sich wiederum auf ihr Alter auswirkt. Dieses liefert auch Informationen über die Entwicklung von Galaxien. Große Hoffnungen setzt Bugnet in die Plato-Mission der Esa, die 2026 starten und den Himmel nach Exoplaneten absuchen soll. Aktuell nutzt sie Daten des Kepler- und des Tess-Weltraumteleskops der Nasa.

Nach einer pandemiebedingt auslaugenden Forschungszeit in New York hat sie sich am Ista mittlerweile mehr als gut eingelebt und genießt mit ihren Hunden, den Zwergspaniels Sequoia und Theia („Die zwei sind der beste Wecker“), das Landleben. Wenn sie bei ihren Spaziergängen den nächtlichen Himmel betrachtet, sieht Bugnet wie früher immer noch unbeantwortete Fragen. Und die Frustration darüber ist immer noch ihr Antrieb als Forscherin. Was ihr mit dem vielen neu erworbenen Wissen abhandengekommen ist, ist der romantisch-naive Blick nach oben. „Auch wenn ich meine Arbeit liebe, ist der Weltraum letztlich Arbeit“, meint sie. „Trotzdem, die Sterne sind für mich wunderschön – aber ich denke auf eine andere Art und Weise als für die meisten.“

Zur Person

Lisa Bugnet (29) ist in Les Côtes-d’Arey bei Lyon (Frankreich) aufgewachsen. Sie hat 2020 am Kommissariat für Atomenergie und alternative Energien (Cea) promoviert und war danach am Center for Computational Astrophysics der Simons Foundation in New York tätig. Seit 2023 ist sie Astrophysik-Professorin am Ista in Niederösterreich.

Alle Beiträge auf diepresse.com/jungeforschung

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.