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„The Idea of You“: Sie ist 40, er 24. Wo ist das Problem?

Nicholas Galitzine und Anne Hathaway spielen in „The Idea of You“ ein ungleiches Paar.
Nicholas Galitzine und Anne Hathaway spielen in „The Idea of You“ ein ungleiches Paar.Amazon Prime/Alisha Wetherill
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Der Amazon-Film, zu Deutsch „Als du mich sahst“, könnte ein vergnügliches Märchen sein. Aber auch diese Romcom ist nicht gelungen – warum eigentlich wird dieses Genre so stiefmütterlich behandelt?

Warum tut man das? Man schaut sich einen Film an und weiß eigentlich schon vorher, dass er nicht gut sein wird – denn es ist eine Romcom, das am meisten vernachlässigte Genre im Filmbereich. Nicht gemessen an der Anzahl der Produktionen, die gibt es durchaus. Aber bei deren Qualität. Keine Ausnahme ist leider das groß beworbene und prominent besetzte „The Idea of You“, das auf Deutsch den ungelenken Titel „Als du mich sahst“ trägt und gerade auf Amazon Prime veröffentlicht wurde.

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Darin trifft die knapp 40-jährige Galeristin Solène beim Coachella-Festival, wo sie nur ihrer Teenager-Tochter zuliebe hingegangen ist, aus purem Zufall den 24-jährigen Hayes Campbell, Mitglied der fiktiven Boyband August Moon. Der Popstar ist so angetan von der alleinerziehenden Mutter, dass er sie in ihrer Galerie aufsucht, diese leerkauft und von ihr mit nach Hause genommen wird. Sie öffnen sich einander, erst im Gespräch, dann fangen sie eine heiße Romanze miteinander an. Während die Tochter im Sommer-Camp ist, fliegt Soléne mit Hayes im Privatjet quer durch Europa. Logiert im Luxushotel, badet am Strand und schlendert nachts durch diverse Altstädte.

Es könnte so schön sein, wäre da nicht dieser Altersunterschied, der ständig als Problem dargestellt wird. „Ich bin zu alt für dich“, sagt Solène schon nach dem ersten Kuss, und Hayes kann noch so oft widersprechen, sie bleibt da unentspannt. Bald kommt die Aufmerksamkeit der übermäßig gehässig dargestellten Boulevardmedien und die omnipräsenten Paparazzi dazu, die Häme vom Ex-Mann und von den Mitschülern von Solénes Tochter …

Zu schön für diese Rolle

Zentraler Konflikt ist und bleibt aber der Altersunterschied – was für die Zuschauerschaft nur minder nachvollziehbar ist. In einer ironischen Randbemerkung tadelte „Barbie“ seine Filmemacher für das Casting von Margot Robbie (sie sei zu schön, um darüber zu klagen, „not pretty anymore“ zu sein). Dasselbe könnte man bei „The Idea of You“ tun. Nicholas Galitzine, neuer Herzbube in Hollywood, sieht man seine 29 Jahre an. Vor allem aber ist Anne Hathaway alles andere als eine durchschnittliche 40-Jährige.

In einer Szene, in der Soléne sich vor Scham in Kaftan und Schal verhüllt, weil am Pool lauter junge Frauen liegen, gerät eher grotesk als glaubwürdig. Die anderen Frauen spötteln über ihre Beziehung, was nicht nur antifeministisch wirkt, sondern auch altersfeindlich. Solénes Schweigen und ihre Scham passen nicht zu ihrer Figur, die sonst selbstbewusst wirkt, auch in ihrer Kleiderwahl: schulterfrei, bauchfrei und hauteng. Wenn schon Anne Hathaway mit ihrem nach Hollywood-Standards perfekten Aussehen eines jüngeren Mannes nicht würdig ist, wie soll es eine normale Frau dann sein?

Die Figur des Hayes Campbell (Mitte) basiert auf Popstar Harry Styles
Die Figur des Hayes Campbell (Mitte) basiert auf Popstar Harry StylesAmazon Prime/Alisha Wetherill

Dabei ist „The Idea of You“ doch eigentlich ein Märchen, basierend auf dem schlüpfrigen gleichnamigen Bestseller der Schauspielerin Robinne Lee. Beziehungsweise basierend auf Popstar Harry Styles: Eine Fantasie über ihn war Inspiration für die Geschichte über ein ungleiches Paar. Die Vorlage wurde – unter anderem beim Ende – deutlich abgeändert. Fans bemängeln, dass die Geschichte weniger feministisch daherkommt, Soléne unsicherer und schwächer wirkt, die Probleme der Beziehung oberflächlicher dargestellt werden.

Das mag auch an der Regie liegen: Michael Showalter ist bisher eher bekannt als Drehbuchregisseur für Komödien, nicht für Romcoms – wie eigentlich kaum ein Regisseur in Hollywood das romantisch leichte Fach zu seinem Spezialgebiet gemacht hat. Goldene Statuen bekommt man eben eher für Dramen, und das große Geld winkt im Actionfach.

Bei Romcoms schwächelt die Traumfabrik

Schon seltsam: Da gibt es ein Bedürfnis einer beachtlichen, überwiegend weiblichen Zuschauerschaft, die diese notfalls mit mittelmäßigen bis schlechten Filmen zu befriedigen versucht – selbst wenn sie von vornherein weiß, dass die Filme nicht gut sind. Eine Schwäche der Traumfabrik, die mit typisch amerikanisch puritanischem Arbeitsethos eigentlich doch jede Nische füllen will.

Welche war die letzte wirklich gelungene Romcom? Seltsamerweise zählt eine mit Hauptdarsteller Galitzine aus dem Vorjahr dazu, „Red White & Royal Blue“ von Regisseur Matthew López. Eine queere Liebesgeschichte, in der sich der Sohn einer Präsidentin in einen englischen Prinzen verliebt: picksüß, auf höchst vergnügliche Art. Wie eine Romcom eben sein soll.

„The Idea of You“ (Als du mich sahst), auf Amazon Prime

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