Verlorenes Lied

Von wem stammt „Everyone Knows That“? Internet-Mysterium um Song endlich geklärt

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Drei Jahre lang geisterte der Schnipsel eines Achtziger-Jahre-Songs durchs Internet, dessen Urheber einfach nicht gefunden wurde. Nun wurde das Original endlich entdeckt: in einem Porno.

Im Internetzeitalter glaubte man, sei dieses Problem Geschichte: Dass man einen Song hört und einfach nicht herauskriegt, von wem er ist. Heute bemüht man clevere Musik-Erkennungs-Software wie Shazam. Doch bei einem 17 Sekunden langen Songschnipsel, der vor drei Jahren auftauchte, standen auch diese digitalen Helfer vor einem Rätsel: 2021 wurde der Lied-Ausschnitt zum ersten Mal auf der Song-Identifikations-Website WatZatSong gepostet. Von dort fand er seinen Weg unter anderem auf Youtube, wo der Clip mit dem Titel „Everyone Knows That (Ulterior Motives)“ kursiert, illustriert mit dem Foto eines kleinen pinken Ghettoblasters.

Die Tonqualität ist schlecht. „Everyone knows (that) you’ve got ulterior motives, tell me the truth, every move shows“, hört man darin jemanden über einen eingängigen Achtziger-Jahre-Beat singen, vermutlich eine Frau. Das Synthie-Pop-Lied ist eingängig, kommt Hörerinnen und Hörern sofort bekannt vor – aber man kann nicht zuordnen, woher. Auch in den Weiten des Internets sorgte es für Ratlosigkeit, denn es ließ sich einfach nicht finden.

So wurde der Song, abgekürzt mit „EKT“ bald zum Internet-Phänomen. Auf der Website Reddit hat eine dem Lied gewidmete Themenseite mehr als 50.000 Mitglieder. Der Clip trendete auf Tiktok und in anderen sozialen Medien. Er wurde zum Symbol für die „Lostwave“-Bewegung, bei der Mitglieder die Ursprünge weiterer „verlorener“ Songs zu recherchieren versuchen.

„EKT“ war in „Angels Of Passion“ zu hören

Das Mysterium um „Everyone Kows That“ soll nun seit wenigen Tagen gelöst sein: Die beiden Reddit-Moderatoren u/south_pole_ball und u/One-Truth-5867 hatte im August 2023 erste Hinweise auf Urheber des Liedes in einer kanadischen Musik-Datenbank gefunden. „Booth Christopher David“ und „Booth Philip“ wurden als Komponisten angegeben, berichtet das australische Magazin „The Music“. Die beiden wurden als die Brüder Philip Adrian Booth und Christopher Saint Booth identifiziert: Letzterer trat auf Soundtracks für sogenannte Erwachsenenfilme, also Pornos, in Erscheinung. Nach guten 12 Stunden Sichtung von pornografischem Material aus den Achtzigern, dessen Beschaffung sicher einiges an Zeit in Anspruch nahm, war es dann gefunden: in einer Szene aus „Angels Of Passion“ aus dem Jahr 1986. Die beiden Reddit-Moderatoren posteten ihren Fund Ende April in ihrem Forum. Das Mysterium war gelöst.

Inzwischen kursiert der gesamte Song im Internet – allerdings nur in der mitgeschnittenen Version aus „Angels Of Passion“, weshalb man im Vordergrund Menschen stöhnen hört. Inzwischen hat sich auch Christopher Saint Booth via Instagram gemeldet. Er und sein Bruder hatten den Song in ihrem eigenen Studio in Kalifornien aufgenommen und er war nicht exklusiv für den Film gedacht. Er sei auf der Suche nach den Originalaufnahmen, schrieb er unter ein Foto von Boxen voll selbstgebrannter CDs. Saint Booth nennt das Lied „Ulterior Motives“ und korrigiert auch den Text, der kursiert: Ihm zufolge heiße es nicht „Everyone knows that“, sondern „Everyone knows it“.

Wer lud das Lied hoch?

Ein Mysterium bleibt aber: Jenes um User carl92, der das Lied ursprünglich online gestellt hatte. Der Nutzer aus Spanien habe es in einem alten Backup von DVD-Aufnahmen gefunden, schrieb er damals dazu. Möglicherweise stamme es aus einem seiner Versuche, Audioaufnahmen bei Video zu machen, so carl92 der Website „Newser“ zufolge. Diese Version der Ereignisse wird auf Social-Media jetzt in Zweifel gezogen: Wusste carl92 tatsächlich nicht, dass das Lied aus einem Porno stammt oder war es ihm bloß peinlich, das zugeben? Die Frage dürfte offen bleiben. Nach dem ersten erfolglosen Jahr der Suche nach „Everyone Knows That“ ist carl92 abgetaucht.

>> Zum Reddit-Forum über „Everyone Knows That“

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