Gradmesser

Mutig mixen und Filmstar sein

24,5 Kilo Kleidung schmeißt ein Österreicher pro Jahr weg. Meine Socken sind nicht dabei.

Wenn die Hauptfigur als ganz besonders verwirrt oder überfordert dargestellt werden soll, gibt es in Filmen oder Serien ein beliebtes Stilmittel. Sie trägt zwei unterschiedliche Socken, oder gar Schuhe, und merkt es erst, wenn ihr besserwisserischer Arbeitskollege sie darauf aufmerksam macht. 

Gestern war ich diese Hauptdarstellerin. Dabei war es gar nicht so sehr die Überforderung, die mich zu den zwei unterschiedlichen Socken zwang, sondern der im Regen stehen gelassene Wäscheständer, der alle meine Sneaker-Socken (also diese halbhohen Exemplare, die möglichst wenig aus dem Schuh herausausschauen) trug. Alles, was ich im Kasten fand, war jeweils ein babyblauer und ein babyrosa Socken. 

Alles halb so schlimm, meine sonst so mit Neugier gesegneten Kolleginnen und Kollegen merkten nichts – andernfalls hätte ich immer noch behaupten können, nach der Arbeit zu einer dieser schrecklichen „Gender Reveal“-Babypartys zu gehen. Trotzdem brachte es mich dazu, länger über einen Lifehack nachzudenken, der mir unlängst nähergebracht wurde: Socken solle man nur noch in einer einzigen Farbe und Art kaufen.

Die Folge: keine mühsame Suche nach einem passenden Socken mehr, kein stetig wachsender Stapel vereinsamter Einzelstücke, deren Partner die Waschmaschine verschluckt hat, und keine tadellosen Exemplare, die man wegwerfen muss, weil das Loch im zweiten nicht mehr zu ignorieren ist. 

Spricht offenbar vieles dafür, nicht zuletzt die laut Umweltbundesamt 221.800 Tonnen an Altkleidern, die jährlich in Österreich im Müll landen. Das sind umgerechnet rund 24,5 Kilo pro Kopf. Ein ganzer, zum Bersten gefüllter Fernreisekoffer also. Absurd. 

Trotzdem, von den kleinen Farbklecksen im manchmal zu grauen Alltag möchte ich mich nicht trennen. Dann lieber die Einzelnen behalten und mixen. Es merkt eh keiner. Und wenn doch? Dann tut man so, als wäre man Filmstar.

E-Mails an: teresa.wirth@diepresse.com

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