Sprachbetrachtung

Dem Deutschen fehlt ein Wort – und zwar ein wichtiges

Wie soll ich das nur nennen?
Wie soll ich das nur nennen?Die Presse / Clemens Fabry
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Was ist das für ein Behältnis, in das wir unser Essen packen, Deckel drauf und zu: eine Dose, eine Büchse, ein Becher?

Es kann etwas größer sein, aber auch ziemlich klein. Es ist aus irgendeinem Kunststoff. Und es lässt sich verschließen, zwar selten ganz zur Zufriedenheit der Benutzer, aber doch leidlich gut. Wir geben unser Essen hinein, Süßes und Würziges, die Jause für die Schule oder die Arbeit (immer öfter übrigens, fragen Sie mal die Foodprepper). Aber wir haben Schwierigkeiten damit, dieses Gefäß zu benennen. Jedenfalls mit einem deutschen Wort.

„Behältnis“ kann man freilich sagen, aber das klingt doch recht gekünstelt. Früher einmal war es eine Blechdose, doch der Kunststoff macht hier einen Strich durch die Rechnung. Denn auch wenn wir neben den Konservendosen und Getränkedosen aus Metall noch Zuckerdosen aus Porzellan kennen: eine Dose aus Plastik klänge doch komisch. Dass das Material untrennbar mit dem Wort verknüpft ist, kennen wir auch von der Schachtel, die aus Papier oder Karton ist, aber nicht aus Kunststoff. Verzweifelte Gegner von Anglizismen könnten noch auf die „Büchse“ verweisen, bevor sie Box sagen. Aber ehrlich: Wer packt seine Jause 2024 in eine Büchse?

Bleibt tatsächlich nur die Box? Sie bezeichnet ja so einiges, vom Einstellplatz für Pferde und dem Montageort für Rennwagen über Lautsprecher bis hin zum – trara – kastenförmigen Behältnis. Und rettet uns in unserer Sprachnot auch, wenn es Größeres zu verstauen gilt als nur den Tagesbedarf an Kalorien.

Neu ist es nicht, das Problem mit dem fehlenden Wort. Aber einige Zeit wurde es durch die allgegenwärtige „Tupperware“ gelöst. Das Essen wurde darin verstaut, Deckel zu, und der hielt auch noch. Erst seit es neue, billigere Produkte gibt, fehlt uns das Wort wirklich. Aber nur im Standarddeutschen. Wie so oft lösen Dialekte Probleme dieser Art, ohne allzu viel Aufsehens darum zu machen: mit einem „Degel“. Und der kann problemlos aus Plastik sein.

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