Kufstein

Bub in Tirol bekam „mehrere Wochen“ nichts zu essen: U-Haft über Eltern verhängt

Es bestehe dringender Tatverdacht des Mordes, begründet das Landesgericht seine Entscheidung. Im Bild: Die Wohnhausanlage, in der das tote Kind gefunden wurde.
Es bestehe dringender Tatverdacht des Mordes, begründet das Landesgericht seine Entscheidung. Im Bild: Die Wohnhausanlage, in der das tote Kind gefunden wurde.APA / Zoom Tirol
  • Drucken

Die Eltern sollen das Kind bisherigen Ermittlungen zufolge mehrere Wochen nicht mit Nahrung und Flüssigkeit versorgt haben. Am Montag starb es. Gegen die beiden wird wegen Mordverdachts ermittelt.

Ein Dreijähriger ist am Montag im Bezirk Kufstein verhungert. Die Eltern wurden bereits festgenommen. Das Landesgericht Innsbruck hat am Freitag die Untersuchungshaft über die beiden verhängt. Es bestehe der dringende Tatverdacht des Verbrechens des Mordes, teilte das Gericht in einer Aussendung mit. Vor dem Hintergrund, dass das Paar drei weitere Kinder hat, bestehe Tatbegehungsgefahr, sagt Gerichtssprecherin Birgit Fink. In zwei Wochen wird die nächste Haftprüfungsverhandlung stattfinden.

Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft die Verhängung der U-Haft beantragt. Das Landesgericht folgte schließlich den Argumenten der Anklagebehörde und gab dem Antrag statt. Die Eltern sollen das Kind „zumindest mehrere Wochen“ lang nicht mit Nahrung und Flüssigkeit versorgt haben. Dies hätten bisherige Ermittlungen ergeben, teilte die Anklagebehörde mit. Zudem bestand der Verdacht, dass die Eltern, gegen die wegen des Verdachts des Mordes ermittelt wird, es „trotz offensichtlicher Verschlechterung seines Gesundheitszustandes und seines augenscheinlichen Gewichtsverlustes“ unterlassen haben, einen Arzt zu kontaktieren, sodass der Bub letztlich verstarb.

Mutter: Bub war krank

Der Vater machte bisher von seinem Recht Gebrauch, nicht auszusagen, hieß es. Die Mutter habe hingegen angegeben, dass das Kind in den letzten Wochen krank gewesen sein und keinen Appetit gehabt hätte. Ein Arztbesuch sei demnächst geplant gewesen.
Die Anklagebehörde ließ zudem wissen, dass weiter abgeklärt werde, inwiefern der Tod des Kindes „andere, medizinische Ursachen“ gehabt haben könnte. Bisher habe es aber dahingehend keine Hinweise gegeben.

Der Bub war am Montag tot in seinem Bett liegend aufgefunden worden, woraufhin der Vater die Polizei verständigte. Eine Obduktion ergab schließlich, dass der Dreijährige verhungert war. Nachdem die Eltern wegen eines psychischen Ausnahmezustandes in einem Spital gewesen waren, wurden sie festgenommen. Drei weitere Geschwister wurden in die Obhut der Kinder- und Jugendhilfe übergeben. Die Mädchen im Alter von einem, drei und sechs Jahren wiesen indes keine Mangelerscheinungen auf. Auch war die Familie zuvor behördlich nicht auffällig gewesen.

Gesundes Kind verhungert „nicht so einfach“

In der „Tiroler Tageszeitung“ kam indes der Direktor der Innsbrucker Kinderklinik, Thomas Müller, zu Wort. Für ihn sei der Fall „in unserer westlichen Industriewelt auch außergewöhnlich. Ich kenne keinen ähnlichen.“ Müller wies unter anderem darauf hin, dass „ein gesundes Kind nicht so einfach verhungert. Es wehrt sich, fordert Nahrung, will seine Grundbedürfnisse gestillt haben. Das gehört zum Überlebenstrieb.“ Dass Menschen an Unterernährung sterben, passiere nicht von heute auf morgen: „Das sind Prozesse, die sich über Wochen oder gar Monate ziehen.“ Vorausgesetzt, der Betroffene leide nicht an Vorerkrankungen. In letzterem Fall könne es nämlich schneller gehen, „das kann Mangelzustände fördern.“ Darüber hinaus stelle sich auch die Frage, wann der Bub das letzte Mal bei einem Arzt war: „Das Eltern-Kind-Pass-Programm sieht ja regelmäßige Untersuchungen vor. Dort wäre aufgefallen, dass das Gewicht nicht nur stagniert, sondern abnimmt.“ (APA)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.