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Kollege Roboter

George Wallner, Geschäftsfeldleiter Post Business Solutions
George Wallner, Geschäftsfeldleiter Post Business Solutionsbeigestellt
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Fade Arbeiten ade heißt es mit Robotic Process Automation. Denn hier übernimmt ein Bot die eintönige Dateneingabe oder den mühsamen Check von Informationen. Diese Automatisierungslösungen sind kostengünstig und auch für kleine Firmen hilfreich. Dennoch kennt fast die Hälfte der österreichischen Unternehmen RPA nicht.

In den Büros ist ein leises Summen zu hören, Computerbildschirme flimmern, ein Mauszeiger huscht über den Screen, es füllen sich Formulare und Tastaturen klappern. Es scheint ein normaler Arbeitstag in einem Büro zu sein, wenn da nicht etwas fehlen würde. Hier sitzt kein Mensch am Schreibtisch und gibt Daten ein, sondern es ist ein „virtueller Roboter“, der hier arbeitet.

Eine Vision? Keineswegs. Robotic Process Automation kurz RPA nennt sich die Technologie, die längst in vielen Büros dieser Welt Einzug gehalten hat und vor allem repetitive Geschäftsaufgaben übernimmt, die wenig Hirnschmalz, aber umso mehr Zeit in Anspruch nehmen. Dafür gibt es zahlreiche Anbieter, die seit Jahren am Markt sind: UiPath Business Automation Plattform, Automation Anywhere, Blue Prism, Microsoft Power Automate und viele weitere. Und doch kennen fast die Hälfte der österreichischen Unternehmen RPA nicht. Nur ein Drittel hat schon einmal davon gehört, könnte aber nicht genau erklären, was damit gemeint ist. Das besagt zumindest eine Studie von Marketagent im Auftrag der Post Business Solutions der Österreichischen Post AG aus dem vergangenen Herbst. Doch anders, als man vermuten möchte, liegt es nicht an der Einstellung der Österreicher zur Digitalisierung. Laut dem Digital Economy and Society Index (DESI) der EU für das Jahr 2023 liegt Österreich etwa in der E-Government-Performance über dem EU-Durchschnitt und im D-A-CH-Raum vor der Schweiz und Deutschland. Auf die Frage, warum RPA dennoch ein Schattendasein im Gegensatz zur künstlichen Intelligenz fristet, antwortet George Wallner, Geschäftsfeldleiter Post Business Solutions, ganz pragmatisch: „AI hat geschafft, was RPA nicht geschafft hat. Es durchdringt unsere Sprache und ist damit allgegenwärtig. RPA ist ein sperriger Begriff. Viele denken da sofort an Roboter, die in Werkshallen arbeiten und ihre Aufgaben vor allem in physischen Bereichen erfüllen.“

Menschliche Simulation

Aber was ist dann RPA? Es ist eine Technologie, bei der Softwareroboter (Bots) digitale Prozesse im Unternehmen automatisieren. Dabei simulieren sie die menschliche Bildschirmarbeit, übernehmen sich wiederholende, manuelle Tätigkeiten. Sie können Inhalte auf Bildschirmen erkennen, Tasteneingaben tätigen, Daten kopieren, verschieben und löschen. RPA unterscheidet sich von anderen Automatisierungslösungen vor allem dadurch, dass ein Low-Code-Ansatz verwendet und der Bildschirm als Schnittstelle genutzt wird. Und sie ist keine künstliche Intelligenz. RPA setzt auf die vorhandene IT-Infrastruktur auf, benötigt keine aufwendigen Schnittstellen und ist dadurch kostengünstig implementierbar. „RPA ist sozusagen eine Simulation des Menschen. Das Tool kommt am besten dort zum Einsatz, wo es keinen Sinn macht, eine eigene Schnittstelle zu bauen“, erklärt George Wallner. Die Post Business Solutions verwendet die Bots nicht nur für die eigenen Prozesse, sondern bietet auch ihren Kunden RPA-Lösungen auf Basis von UiPath an, egal ob das Tool dann direkt beim Kunden läuft oder im Ökosystem der Post. Schon mit 10.000 Euro könne man einen einfachen Use Case umsetzen, der 24/7 läuft, verspricht George Wallner. Eine eigene Anwendung hat die Post Business Solutions mit der Kreditorenanlage geschaffen. Bei jeder Lieferantenanlage muss das Insolvenzregister geprüft, die Firmenbuchnummer gecheckt und ein Eintrag ins SAP-System gemacht werden. Das sind mindestens drei Aufgaben, die ein Mitarbeitender erledigen muss.

Die Errichtung einer Schnittstelle zu den genannten Webseiten oder Registern wäre zu aufwendig. Mit RPA wird diese Tätigkeit automatisiert. „Bei uns im Haus haben wir so 18.000 Stunden an Arbeit automatisiert und die Fehlerquote durch Ermüdung bei dieser eintönigen Arbeit reduziert“, versichert Wallner.

Angst vor Arbeitsplatzverlust

Und da kommt auch schon der beliebteste Einwand, wenn es um Automatisierung geht: der Verlust von Arbeitsplätzen. Dem widersprechen zahlreiche Experten. Der aktuelle Fachkräftemangel sowie die Pensionierungswelle der Babyboomer fordern die Unternehmen ausreichend. Junge Mitarbeiter wollen sich in ihrer Arbeit zunehmend verwirklichen und sinnstiftend tätig sein. Damit ist das eintönige Eingeben von Daten wahrscheinlich nicht gemeint. Da diese Aufgaben dennoch erfüllt werden müssen, bangen Personalabteilungen bei der Ausschreibung dieser Stellen um ausreichend Interessierte. Gerade hier kann Robotic Process Automation dazu beitragen, mögliche Personallücken abzufedern. George Wallner zitiert dazu einen beliebten Satz: „AI will not replace you, a person using AI will replace you.“ Wer sich also künstliche Intelligenz oder Software-Tools nicht zunutze machen kann oder will, der wird ins Hintertreffen geraten. Doch was hält aktuell noch so viele Unternehmen davon ab, ihre Prozesse zu automatisieren? In der bereits erwähnten Post-Studie zeigte sich als größte Herausforderung bei der Steigerung des Digitalisierungs- bzw. Automatisierungsgrads das Finden von Personal, das entsprechende Projekte umsetzen kann. Jeweils fast die Hälfte der Befragten sah außerdem die zunehmende Abhängigkeit von der Technologie und externen Anbietern kritisch sowie ein Risiko, dass Daten verloren gehen oder gestohlen werden könnten. „Die Studie zeigt, dass viele Aspekte der neuen Technologien einfach noch unbekannt sind. Hier möchten wir ansetzen und künftig noch stärker über die Möglichkeiten von Digitalisierung und Automatisierung aufklären“, verspricht Wallner.

»AI will not replace you, a person using AI will replace you.«

George Wallner 

Geschäftsfeldleiter Post Business Solutions 

Vielleicht braucht es auch mehr Beispiele aus der Praxis, um zu zeigen, wie man Robotic Process Automation einsetzen kann. Ein Post-Kunde, der über seine Projekte sprechen wollte, ist die Post Wertlogistik GmbH. Die 100-prozentige Tochter der Post ist Anbieter für Werttransporte sowie Cash Management. Hier ist ein Bot im Kundenservice im Einsatz, der zwischen 50 und 150 Kundenbestellungen pro Tag anlegt. Dazu trägt der Bot die Kunden-Angaben in eine Weboberfläche ein, schließt die Bestellung ab und produziert ein PDF. „Das sind Standardbestellungen, für die keine Rückfragen notwendig sind“, erklärt Roman Findernig, IT-Leiter des Unternehmens, und versichert: „Es geht nicht darum, Mitarbeiter abzubauen, sondern sie für kreative Aufgaben freizuschaufeln, und das kommunizieren wir auch so.“ Die Suche nach weiteren Ideen, die man umsetzen könne, sei schon im Gange. Denn schließlich gäbe es in jedem Bereich Tätigkeiten, die sich automatisieren ließen. Ein Projekt steht kurz vor der Umsetzung: die Tourabfertigungen. Hier müssen Listen mit einigen Hundert Seiten erstellt und ausgedruckt werden. Die wird ein Bot künftig außerhalb der Dienstzeit vorbereiten, damit die Disponenten in der Früh gleich mit der Arbeit beginnen können.

11.000 Stunden übernommen

Weitere Anregungen und Inspirationen gefällig? Bots arbeiten auch bei der Uniqua-Versicherung. Im Kundenservice übernehmen sie die Stilllegung der Kfz-Verträge von Cabrios und Motorrädern über den Winter. RPA hat im Jahr 2023 bereits mehr als 500.000 Fälle beziehungsweise Teilprozesse bearbeitet und dabei 11.000 Stunden an manueller Arbeit übernommen, berichtet Wolf Gerlach, Vorstand Operations bei Uniqua Insurance Group AG, bei einem Pressegespräch zum Thema künstliche Intelligenz in Wien.

Wolf Gerlach, Vorstand Operations bei Uniqua Insurance Group AG
Wolf Gerlach, Vorstand Operations bei Uniqua Insurance Group AGbeigestellt

Ein Unternehmen, das frühzeitig RPA in seine Arbeitsabläufe integriert hat, ist die Wien Energie. Bereits 2018 kam das Tool „Process Robot“ der Firma Softomotive zum Einsatz. Als Microsoft dieses Tool in seine Power Platform integrierte, eröffneten sich letztes Jahr neue Perspektiven für die Wien Energie und in weiterer Folge auch für die gesamten Wiener Stadtwerke. 140 Geschäftsprozesse in sämtlichen Geschäftsbereichen arbeiten automatisiert. Mehr als die Hälfte entfallen auf die Bereiche Finanzen, Controlling und Beschaffung, Personal- und Organisationsmanagement sowie Kundenservice.

Auch die Volksbank Wien AG hat vor zwei Jahren ein eigenes Robotics-Team aufgebaut. Mittlerweile sind Software-Roboter unverzichtbar geworden. Bis Mitte Februar 2024 wurden insgesamt 36 Prozesse mit über 265.000 erfolgreichen Transaktionen hauptsächlich für das Marktservicecenter und das Kundenservicecenter mit Lösungen von UiPath umgesetzt. Damit konnten über 1000 Personentage eingespart werden. Auch hier hat sich diese Einsparung nicht auf die Anzahl der Mitarbeiter ausgewirkt. Ganz im Gegenteil: Die Zahl stieg 2023 sogar leicht an.

Wille zur Veränderung

Kann sich der Bot jetzt nur in großen Unternehmen wie Banken und Versicherungen nützlich machen? Nein, sagt George Wallner: „Meiner Meinung nach, profitieren Unternehmen ab 50 Mitarbeiter am meisten.“ Die wichtigste Voraussetzung seiner Meinung nach sei einfach Lust und Laune, sich mit den internen Prozessen und dem Verbesserungspotenzial zu beschäftigen und RPA ausprobieren zu wollen. „Programmierkenntnisse sind dafür keine notwendig. Der Bot ist simpel zu verstehen. Der Anwender muss nur den Willen haben, den Prozess zu verändern“, verspricht Wallner. Wer dennoch nicht so recht weiß, wo er anfangen soll, kann eine interne Challenge ausrufen. So hat es die Post Business Solutions gemacht. Die Mitarbeiter kennen die Prozesse und Abläufe schließlich am besten.

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