Pop

Travis live: Weisheiten aus dem Leben

Die schottische Band Travis begeisterte im Wiener Gasometer.

"Wenn Kinder sprechen lernen, beginnen sie zu lügen. Sie entfernen sich von der Wahrheit." Kleine Weisheiten wie diese streut Francis Healy gern zwischen die Songs. Was bei anderen banal klingen würde, nimmt man dem Travis-Sänger ab. Erstens, weil er sichtlich selbst daran glaubt. Zweitens, weil Travis ihre eigene Wahrheit stets in den einfachen Dingen gesucht haben. Groß geworden ist die schottische Band als Antithese zum rüpelhaften Britpop von Oasis, mit schnörkellosen, meist sanften Songs, die sich ernüchternden Momenten des Lebens widmen: Warum regnet es gerade immer auf mich, warum ist das Gras auf der anderen Seite immer grüner?

Antworten gaben Travis auch im Gasometer keine. Ihre beherzte Art, mit der sie den Problemen des Alltags begegnen, ist aber vom ersten Stück an ansteckend. Selbst wenn Healy vom Dilemma erzählt, dass der einzige Mensch, mit dem man nach einer zerbrochenen Beziehung reden will, der Ex-Partner ist, wirkt er nie verbittert. Bei allen melancholischen Tönen schwingt ein optimistischer Oberton mit. So wunderte kaum, dass Healy im einen Augenblick mit schmerzverzerrter Miene das hinreißende "Re-Offender" sang und im nächsten mit strahlenden Augen ein holpriges "Wie geht's?" in die Menge warf. Ja, man nahm sogar die abgedroschene Phrase, dass der nächste Song "jeder einzelnen Person im Saal gewidmet ist", in Kauf. Und auch die übertriebenen Posen, die sich Gitarrist Andy Dunlop bei rockigen Stücken wie dem gnadenlos einfachen, aber effizienten "All I Wanna Do Is Rock" nicht verkneifen konnte.

Das Konzert zeigte deutlich: Travis haben unzählige Songs, denen nichts etwas anhaben kann, weder der Zahn der Zeit noch die nicht gerade optimale Saal-Akustik. Neben gut eingeführter Hits wie "Side", "Sing" oder "Turn" verblassten die Songs des neuen Albums "12 Memories" keineswegs. Mit ihrem spröden Charme waren "Quicksand" und "Beautiful Occupation" sogar heimliche Höhepunkte. Ergreifend und doch bescheiden: "Flowers In The Window", mit Healy alleine an der akustischen Gitarre.

Keine Rebellion, keine Coolness, schon gar kein Glamour: An Travis und ihrem Auftritt ist nichts größer als das Leben; ihre Anziehungskraft kommt vielmehr direkt aus dem Leben. Und genau dafür liebt man sie. Kein umwerfendes, aber ein sehr schönes Konzert.

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