Münchner Bühnen: Wer siegt, Kammerspiele oder "Resi"?

Die Münchner Kammerspiele haben zwar ein glänzendes, neues Haus, aber auch ein paar Probleme.

Kammerspiel-Intendant Frank Baumbauer über Hoffnung, Risiko und Geldmangel

Kurzer Theater-Rundblick in Mün chen: Die Kammerspiele bespielen noch bis Sommer eine Industrie- Halle. "Heiliger Krieg" von Rainald Goetz scheint das Publikum zu amüsieren, das indes nicht besonders zahlreich erschienen ist. Ein ähnlicher Eindruck bei Ibsens "Klein Eyolf" im von Christian Stückl geleiteten Münchner Volkstheater, gute Aufführung, wenig Gäste. Beinahe überfüllt dagegen: Shakespeares "Kaufmann von Venedig" (Regie: Dieter Dorn) im stattliche 900 Plätze fassenden Residenztheater.

18 Jahre führte Dorn die Kammerspiele. Als die Stadt München seinen Vertrag nicht über 2001 hinaus verlängern wollte, holte Bayerns Kulturminister Zehetmair Dorn ans Residenztheater. Zuvor hatte die Stadt Hamburgs Schauspielhaus-Chef Frank Baumbauer an die Kammerspiele berufen. Das Intendanten-Karussell provozierte einige Debatten in den Medien. Dorn fühlte sich an "seinen Kammerspielen", eines der renommiertesten deutschen Theater, ausgebootet - und nahm viele seiner Schauspieler ans Residenztheater mit. Baumbauer hatte damit freie Hand in den rundum erneuerten Kammerspielen mit Werkstätten, Probebühne und saniertem Altbau von Gustav Peichl, Walter Achatz. Rund 5000 Menschen kamen zur Eröffnung am 23. März.

Ein Intendant im Glück, sollte man annehmen. Aber nichts ist perfekt. Nachdem sich die Stadt München bei den Kosten für die Kammerspiel-Erneuerung grob verschätzt hatte und die Baukosten um 40 Prozent überschritten wurden, ist nun Sparen angesagt. 100.000 Euro heuer, eine Million im nächsten Kalenderjahr. "München ist ein rotgrüner Punkt im schwarzen Bayern", sagt Baumbauer: "Die Stadt ist finanziell am Ende. Einige der Big Player der Welt wie BMW, Siemens, die Allianz, die Münchner Rück zahlen aufgrund der Wirtschaftslage keine Gewerbesteuer mehr. Es gibt ein Sparprogramm. Für uns heißt das: Neues Auto, aber kein Benzin. Eigentlich hätte ich eine Anschubfinanzierung gebraucht."

Am 29. März fand mit "Othello" die erste Premiere im rund 700 Plätze fassenden renovierten Haupthaus statt. Regie: Luk Perceval, der in Salzburg seinen spektakulären Zusammenschnitt von Shakespeares Königsdramen gezeigt hat. Das Premieren-Publikum reagierte mit Unmut auf Percevals brachialen Verfremdungsstil.

Baumbauer bleibt vorderhand gelassen, hatte er doch bereits in Hamburg einige Anlaufschwierigkeiten, bevor das dortige Schauspielhaus seinen Höhenflug starten konnte und mehrmals von den Kritikern zum Theater des Jahres gewählt wurde.

"Bis jetzt war alles provisorisch. Aber jetzt sitzen die Leute wieder da, wo sie schon immer gesessen sind, vor dem bronzenen Jugendstil-Rahmen, nur findet etwas komplett anderes statt als sie gewohnt sind."

Während Dorn sich zurücklehnt, Genets "Wände" vorbereitet und lediglich meint, er habe keine Berührungspunkte mit Baumbauer, spart dieser nicht mit Seitenhieben gegen den Kollegen auf der anderen Seite der Straße: "Die Kammerspiele waren unbeweglich geworden. Darum habe ich mich für München entschieden. Es gab unter Dorn schon vor jeder Vorstellung eine Verabredung zwischen Bühne und Publikum, sich gegenseitig großartig zu finden. Diese ikonenhafte Selbstbeweihräucherung, das kann es doch nicht sein. Wir hoffen, dass wir, was die Qualität angeht, genügen - über Inhalt, Form kann man gern streiten."

Wurde Baumbauer, der in Salzburg Schauspieldirektor der Festspiele und für das Burgtheater vor Bachler gehandelt wurde, gefragt, was er Wien in Sachen Volkstheater für die Nachfolge der scheidenden Direktorin Emmy Werner rate? Christoph Marthaler soll im Gespräch sein. "Ich wurde nicht gefragt. Aber den Marthaler muss man davor schützen, noch einmal eine Intendanz zu übernehmen. Wenn er das tut, fahre ich nach Zürich und rede es ihm aus."

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.