Unentschlossen schwankt der Kabarettist im Universum

Alfred Dorfer versucht einen Fachwechsel. Dabei hat er ein paar richtige Schauspiel- und den falschen Regie-Partner. Das Ergebnis schmerzt.

"Wieso kann Descartes sagen: Ich denke, also bin ich - und mein Nachbar existiert dennoch?" Eine Fülle matter Scherze dieser Art fliegen dem Zuseher in Peter Payers Ravioli um die Ohren. Die gleichnamigen Teigwaren, welche der Protagonist Heinz Hoschek (Alfred Dorfer) in großen Mengen verzehrt - nebst Gin und Valium -, kommen aus der Dose. Und so schmeckt auch dieser Film.

Dabei ist die Story gar nicht so schlecht: 39jähriger Bankbeamter nimmt zu großen Kredit für sein zu großes Haus auf, verliert seinen Job, seine Frau verläßt ihn, seine Mutter stirbt.

Doch Payer, Regisseur der Literaturverfilmung Untersuchung an Mädeln, mischt Gegenwart und Vergangenheit, Fiktion und Realität auf nicht eben originelle Weise ineinander - und Kabarettist Alfred Dorfer (Buch) segelt auch nicht auf der Höhe seines Witzes: "Wenn der Weg das Ziel ist - ist dann das Ziel weg?"

Problem! Existenzkrise!

Genau, das ist das Problem. Es ist möglich, eine Existenzkrise rasant, komisch zu bebildern. Es ist möglich, aus einer Existenzkrise einen Problemfilm zu machen; dazu müßte man, wie etwa Aki Kaurismäki in Der Mann ohne Vergangenheit, auf das Opfer eingehen. Ravioli aber schwankt unentschlossen zwischen Komödie und Tragödie.

Hauptfigur Heinz Hoschek bleibt von seiner Talfahrt innerlich wie äußerlich merkwürdig unberührt und unbeschädigt. Bis zuletzt thront er schlank, fit, gesund auf seiner Katastrophe, als ginge sie ihn fast gar nichts an. Zumindest jenen, die schon mal einen "Kater" durchgemacht haben, dürfte der reichliche Drogenmißbrauch ohne Folgen seltsam vorkommen.

Hoscheks Vergangenheit wird mit Home-Videos illustriert, optisch bewußt dilettantisch gehalten, in der Anhäufung weniger lustig. Das Ambiente erinnert an den "Kaisermühlen-Blues", der aber in seiner Art ungleich besser, weil entschiedener gemacht ist. Warum der Tod und der Geist der Siebziger vom gleichen Schauspieler (Günther Paal) gespielt werden, bleibt dunkel. Noch dunkler, warum ein Naschmarkt-Standler (Martin Brambach) piefkinesisch redet.

Gertraud Jesserer als Mutter rettet sich halbwegs elegant über mangelnde Bodenständigkeit, Branko Samarovski hat da weniger Probleme und Nicholas Ofczarek füllt perfekt die Rolle eines schmierigen Lokalbesitzers aus. Alles in allem aber bleibt trotz einiger lustiger, surrealer Sequenzen der Eindruck von einem patscherten Flugversuch im Kunstfilm - und von einer verzweifelten Anstrengung, dem spezifisch wienerischen Lokalkolorit neue Facetten abzugewinnen. Das wurde aber nicht nur anderswo, auch im Film, besser bewältigt, sondern das Thema ist längst ein eigenes Genre, in dem man nicht mit ein paar geborgten Ideen ahnungslos herumtappen kann.

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