Filmkritik: Die Liebe der Stachelschweine

Peter Sehrs "Love the hard way": Eine New-York-Ballade, teils berührend, teils pathetisch entgleist.

In einem Kino lernt der Klein-Kriminel le Jack die Biologie-Studentin Claire kennen. Und Kintopp umweht die bei den, bei dem, was sie erleben. The Beauty and the Beast. Der Killer und die Lady. Sie prallen aufeinander, aber sie können nicht zusammen kommen, oder doch?

Psychologisch durchdacht und in den Hauptrollen sehr gut besetzt ist diese Love Story: Frisch und forsch kanzelt die jugendlich liebreizende Claire (Charlotte Ayanna) den charmant-verkommenen Jack (Adrien Brody, Protagonist von Polanskis Pianist) ab. Doch bald zappelt sie im Netz seiner virilen Ausstrahlung und lässigen Verführungskunst. Da ist keine glühende Dämonie im Spiel, auch der Zuseher entdeckt erst allmählich, was dieser Jack für ein Früchtchen und was an ihm zum Fürchten ist.

Das Mädchen aus gutem Hause und der Freier aus dem Kinderheim: Sie streunen durch ein desolates New York - und gehen beinahe drauf, sie an ihrer Hörigkeit, er an vergeblichen Fluchtversuchen vor ihrer Liebe - die in die Prostitution mündet.

Das ist recht überzeugend erzählt. Aber auch ziemlich melodramatisch, vor allem die Dialoge. "Jeder Augenblick bietet tausend Chancen, aber wir denken nur daran, wie wir unser Leben am besten versauen können", heißt es gleich zu Beginn. Und später, wenn Claire dem Selbstmord knapp entronnen ist, sagt sie zu Jack: "Auf die dunkle Seite des Mondes zu gehen, war nicht das Schlimmste, aber allein zu gehen." Uff. Vermutlich klingt dergleichen auf Englisch eben besser - wie bei Popsongs.

Peter Sehr (Kaspar Hauser, Obsession) stammt aus dem hessischen Bad König. Er hat Physik und Chemie studiert und war auf dem Weg zu einer Wissenschaftler-Karriere. Dafür ist der Film geradezu leichtfüßig geraten. Sehr hat auch in Locarno einen Silbernen Leoparden sowie den Bayerischen Filmpreis gewonnen. Trotzdem, für das, was man gewöhnlich von New York zu sehen bekommt, hat Love The Hard Way wenig Pfiff und Witz. Das Ambiente stimmt, aber das Ganze wirkt teilweise angestrengt konstruiert, "Relaxtheit" wird nur vorgetäuscht.

Was Pam Grier als Polizistin Fox an bizarrem, aber authentischem Flair transportiert, das fehlt August Diehls Jeff. Diehl hat nach einer viel versprechenden Theater-Karriere eine eben solche beim Film begonnen, als Portier Jeff mit karotten-orange gefärbten Haaren wirkt er eher deplaziert. Überhaupt: Zuweilen hat der Film etwas von einer in New York gedrehten deutschen Fernseh-Serie. Dass Jack nicht nur in Hotels Geschäftsleute ausraubt, sondern auch ein Buch schreibt, passt da bestens dazu . . .

Ach ja, die Bücher. Jack verehrt Ezra Pound - und Jack Kerouac, Idol der Beat-Generation. Deren Ideale vom wilden, gesetzlosen, tragischen Leben extrapoliert der Film in die heutige Zeit. Doch Love the hard way verfehlte das Lakonische, das die Faszination der Beat-Texte ausmacht. Als Vorlage für den Film diente ein Roman des chinesischen Autors Wang Shuo, der in Peking spielt und auch sonst stark verändert werden musste. Vielleicht war es die Kollision all dieser Stile, die nicht gut getan hat.

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