Panik an deutscher Strombörse: Preise um 1000 Prozent höher

An der Leipziger Börse schnalzten am Freitag die Strompreise in die Höhe. Haushaltskunden sind im Gegensatz zu Großabnehmern von der Preisexplosion vorerst nicht betroffen.

WIEN. Daß der freie Strommarkt in Europa mit zahlreichen Segnungen eingezogen ist, wird mittlerweile kaum noch bestritten. Am vergangenen Freitag bekamen Großabnehmer allerdings auch das Risiko der freien Preisbildung zu spüren. Allein an diesem Tag schoß der Preis für eine Megawattstunde Strom - das entspricht in etwa dem Verbrauch eines Durchschnittshaushaltes in einem Quartal - von 22 Euro auf 240 Euro hoch. In Schilling ausgedrückt sind die Preise von von 30 Groschen je Kilowattstunde (kWh) auf über 3,30 S angestiegen. Die Preisspitze lag sogar bei nahezu 9,6 S je kWh.

Zu erklären ist diese Preisexplosion in erster Linie dadurch, daß zwei deutsche Atomkraftwerke im Zuge von Wartungsarbeiten vom Netz genommen wurden. Zudem seien Händlern zufolge im französischen Strommarkt Lieferprobleme aufgetreten, wodurch verstärkt in Deutschland eingekauft wurde. Zudem wirkt sich natürlich auch die extreme Kälte in Europa preistreibend aus. "Wir befinden uns aber offensichtlich in einer Phase erhöhter Volatilität bei den Strompreisen. Im Zuge von Lieferengpässen kommt es häufig zu derartigen Panikkäufen", meint Paul Kaluza, Geschäftsführer der E&T, dem Strom-Handelshaus der Energie Allianz Austria.

Wo klingeln die Kassen?

Direkt auf die Endkunden wird sich dieser Preisanstieg vorerst nicht auswirken. So werden die Bezieher kleineren Strommengen über Fix-Verträge versorgt. Sollte das Preisniveau aber über längere Phasen hoch bleiben, werden auch diese Verträge angepaßt. Davon geht derzeit aber niemand aus.

Unmittelbar von den Preisschwankungen betroffen sind derzeit aber die europäischen Energieversorger. Vor allem jene, die selbst über zu geringe Produktionskapazitäten verfügen und Strom an der Börse zukaufen müssen. Dafür klingelten bei den Lieferanten die Kassen ganz ordentlich.

Bitter war der vergangene Freitag somit für jene Energiekonzerne, die unbedingt Strom brauchten. Es sei denn, sie hätten sich gegen die Preissteigerungen abgesichert. Etwa über Kaufoptionen. Derartige Fangnetze sind allerdings nicht ganz billig. Sie kosten zwischen fünf und zehn Groschen je Kilowattstunde. Was bei einem normalen Niveau einem Sechstel der Energiepreise entspricht. Über diese Sicherung sind freilich auch die Kunden der Versorger betroffen. Wer etwa über das ganze Jahr hinweg zu jeder Zeit mit Strom versorgt werden will, muß für diese Versorgungssicherheit etwas tiefer in die Tasche greifen.

Generell sind Preisschwankungen an Börsen freilich eine ganz normale Sache. Allerdings nicht in dieser Größenordnung. Bereits Erfahrungen mit derartigen Preissteigerungen haben US-Versorger gemacht. Besonders stark profitieren können von derartigen Schwankungen Produzenten mit Speicherkraftwerken. Der Verbund hätte in der vorjährigen Preishausse in den USA in knapp drei Tagen sein gesamtes Jahresergebnis einfahren können. Der Preisschock in den USA erwies sich aber als heilsam. So produziert die Stomindustrie im Westen bereits wieder Überschüsse.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.