Geh nicht zur Schmied!

Analyse. Die Kulturministerin, mit vielen Vorschusslorbeeren bedacht, hat bisher kaum Flagge gezeigt. Umso mehr starrt alles auf ihre Staatsopern-Entscheidung.

Im Kulturland Österreich ist die Kulturpolitik eine undankbare Angelegenheit. Sie bringt keine Stimmenmassen. Man kann sich aber leicht damit in die Nesseln setzen und Wähler verärgern, denkt man etwa an die Peymann- oder an die Museumsquartier-Debatte. Seit der schwarz-blauen Koalition kommt noch der Sparkurs dazu. Kurz, der Spaß, für die noble Kunst verantwortlich zu sein, hält sich in Grenzen.

Daher kann man Kulturministern beim Welken im Amt oft förmlich zuschauen. Was immer sie an Geld geben, ihre leicht erregbare Klientel können sie niemals befriedigen. Und diese reagiert bei Enttäuschungen wilder als Ärzte oder Autobahn-Bauer. Daher machen Kulturverantwortliche unterschiedlicher Couleur meist ähnliche Entwicklungen durch: Erst freuen sie sich. Nach ein paar Monaten oder Jahren aber blicken sie grämlich wie der frühere Kunststaatssekretär Peter Wittmann (S), angespannt-säuerlich wie Ex-Kunststaatssekretär Franz Morak (V) oder nachdenklich-resigniert drein wie Rudolf Scholten (S). Oder sie werden kantig und grantig wie die frühere Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (V).

Einmalige Machtfülle

Claudia Schmied ist da eine rühmliche Ausnahme. Etwas über drei Monate nach ihrer Berufung ins Gusenbauer-Kabinett lächelt die ehemalige Vorstandsdirektorin der Kommunalkredit noch immer strahlend von vielen Fotos. Und sonst? Sonst nichts.

Dabei verfügt Schmied über eine einmalige Machtfülle, da erstmals das Bundestheater-, das Bundesmuseen- und das Kunstbudget in einem Ministerium vereint sind: Grob gesprochen 133,6 plus 90 plus 84,5 Mio.#€. Doch die Budgetverhandlungen bestätigten, was mancher geahnt hatte: Kulturpolitik macht weiterhin der Finanzminister. Die Zuwächse sind mager, obwohl die Subventionen seit Jahren eingefroren sind. Da half es wenig, dass Schmied sich verteidigte, sie habe die beabsichtigte Kürzung in eine marginale Steigerung verwandelt. Die Enttäuschung ist groß. "Kulturpolitik nicht vorhanden", murrte der Generaldirektor des Kunsthistorischen Museums Wilfried Seipel dieser Tage. "Kulturpolitik wie am Mexikoplatz", meinte Staatsoperndirektor Ioan Holender. "Bauen und Zurückzahlen, sonst nichts", kritisierte am Mittwoch der Grünen-Kultursprecher Wolfgang Zinggl.

Schmied schreibt offenbar Verpflichtungen fort: Verkehrsmuseum beim Technischen Museum, Völkerkunde-Museum, Sicherheit, Josefstadt-Sanierung, Kulturhauptstadt Linz ... Für neue Impulse hat sie kaum Geld bekommen. Auch, weil große Brocken wie der MQ-Bau oder die Sanierung der Bundesmuseen abgezahlt werden müssen. Die Pensionen der Bundestheater, die nicht mehr im Staatsbühnenbudget aufscheinen, sind wohl ebenfalls teuer.

"Österreich hat eines der höchsten Kulturbudgets im internationalen Vergleich. Doch was Ministerin Schmied bietet, ist lediglich Kunstpolitik als Wille und Vorstellung", sagt Kultursprecher Morak. Der Ex-Kunststaatssekretär weiß, wovon er spricht. Die "rote" Kulturpolitik ist eine Fortsetzung der "schwarzen". Der einzige Unterschied ist, dass Schmied mehr Sympathiewerte genießt als Morak. Weil sie Frau, Sozialdemokratin und Kunstfreundin ist. Den Dreifach-Bonus hat sie freilich schnell aufgezehrt.

Immerhin wird sie nun wohl nicht mehr von Theater- und Museumsdirektoren bestürmt, die sich mit Schmeichelei, Arroganz, Argumenten einen Vorteil verschaffen wollen. Da kaum Zuwächse da sind, kann man sich den Gang zur Schmied sparen. Das wenige, was es mehr gibt (Film, Literatur), wird von den Institutionen verteilt. So liebt es die Politik, speziell die sozialdemokratische.

Lächerliche sechs Bewerber um Oper

Die nächsten Klippen harren aber schon der Umschiffung durch die clevere Bank-Diplomatin: Personalentscheidungen in den Museen, zuvor aber - die Staatsoper! Wenn Schmied jetzt den von Gusenbauer geschätzten Tenor Neil Shicoff zum Opernchef macht, wird sie bei vielen endgültig unten durch sein. Angeblich müssen nur mehr ein paar aufständische Gruppen, vor allem das Staatsopernorchester (Philharmoniker), "eingeseift" werden. Sechs Bewerbungen gibt es um die Staatsopernführung wenige Tage vor Fristablauf, freute sich Schmied.

Sechs Bewerbungen um das wichtigste Opernhaus der Welt sind lächerlich und ein Grund, Ausschreibungen sofort abzuschaffen. Dass Schmied bei solchen Peinlichkeiten noch lächeln kann: Bewundernswert!

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