USA: Von Silicon Valley zum Green Valley

Amerika entdeckt den Umweltschutz, weil sich damit recht viel Geld verdienen lässt.

SAN JOSE. Es ist die Schlacht der Giganten: Da Microsoft, dort Google, und jeder investiert Millionen von Dollar. Doch es geht nicht um die heiß umkämpfte Internet-Suche oder um neueste 3-D-Tricks bei Online-Landkarten. Es geht darum, welche der beiden Firmen „grüner“ ist.

Microsoft hat derzeit die Nase vorn. Vor wenigen Tagen legte der Konzern in seiner Forschungsstätte in Mountain View im Herzen von Silicon Valley den Schalter um und kann jetzt 480 Kilowatt Strom aus Sonnenenergie gewinnen. 2288 Solarzellen hat man dafür auf vier der fünf Hausdächer installiert, die 15 Prozent des täglichen Energiebedarfs abdecken.

Doch Google lauert schon um die Ecke – sprichwörtlich. Nur ein paar hundert Meter von den Büros von Microsoft entfernt liegt der „Googleplex“, die riesige Firmenzentrale der Internet-Suchfirma. Hier werden derzeit 9200 Solarzellen auf Dächern, auf dem Rasen und auf Parkplätzen installiert. Am Ende sollen sie 1,6 Megawatt Strom liefern – genug, um 1000 Einfamilienhäuser zu versorgen.

„Aus reiner Liebe zur Umwelt machen sie das nicht“, sagt Seth Fearey, Chef von „Joint Venture“, einem Zusammenschluss von Firmen und Behörden in Silicon Valley. „Sie sparen sehr viel Geld bei den Energiekosten ein und sammeln außerdem Erfahrungen mit Solarenergie.“ Sind die positiv, werde man eine „grüne Welle“ erleben, glaubt Fearey.

Die „grüne Welle“

„Grüne Welle“ hört man derzeit in Silicon Valley oft. Denn die Vereinigten Staaten entdecken die Solarenergie, alternative Treibstoffe, Biodiesel und Elektroautos. Millionen Dollar an Risikokapital fließen in neue Firmen, und die Vorreiterrolle übernimmt wieder einmal Silicon Valley, die Geburtsstätte des Computers. „Wir werden zum Green Valley“, meint Seth zu euphorisch.

Wenn sich der Trend so fortsetzt, dann hat Fearey tatsächlich Grund zur Freude: Die Investitionen in Unternehmen, die sich mit umweltfreundlichen Technologien beschäftigen, steigen rasant – allein in Silicon Valley von 2005 auf 2006 um 266 Prozent. US-weit flossen 2,9 Milliarden Dollar in „grüne“ Start-Ups.

Viele Umweltfirmen gehören zu den großen Gewinnern am amerikanischen Wirtschaftsmarkt, beispielsweise Sunpower, das Ende 2005 mit einem Preis von 26 Dollar pro Aktie an die Börse ging. Mittlerweile liegt der Wert bei knapp unter 60 Dollar. Und Nanosolar, eine andere Solarzellen-Firma in Palo Alto, konnte sich vor Investoren kaum retten, nachdem die Google-Gründer Larry Page und Sergey Brin Geld zur Verfügung stellten: Seit 2002 erhielt die Firma mehr als 100 Millionen Dollar.

„Es ist so leicht wie nie, Geld für Ideen zu bekommen, die mit Umwelttechnologien zu tun haben“, erzählt Harrison Dillon, CEO von Solazyme. Der frühere Patentanwalt hatte 2003 die Idee, aus Algen Biodiesel zu gewinnen. Das genügte, um von hoffnungsvollen Geldgebern bisher 14 Millionen Dollar zu erhalten. Dabei wird man erst Ende des Jahres wissen, ob in der Praxis funktioniert, was sich in der Theorie revolutionär anhört: Ein Diesel-Pkw, der mit destilliertem Algenwasser angetrieben wird.

Wie teuer die Herstellung eines Barrels Algendiesel ist, will Dillon nicht verraten. Nur so viel: „Mit den derzeitigen Preisen können wir mithalten.“ Langfristig soll sein Produkt eine ernsthafte Konkurrenz zu aus Öl gewonnenem Diesel sein. „Wir zielen nicht auf einen kleinen Markt von Umweltschützern, die mit umweltfreundlichem Treibstoff fahren wollen. Wir wollen auf den großen Markt.“

Geld ist dort auf jeden Fall zu holen. Der Markt für Biotreibstoff erreichte im Jahr 2005 weltweit 16 Milliarden Dollar. Bis 2015 soll er auf 52 Milliarden Dollar steigen. Algen sind der letzte Renner in den USA. Größer ist der Markt für Ethanol und für Biodiesel, der nach dem deutschen Fischer-Tropsch-Verfahren aus Kohle gewonnen wird (vor allem die US-Airforce investiert in diese Methode).

Wie groß das Interesse am Umweltmarkt ist, zeigt die neue Schwerpunktsetzung von TechNet, der Lobby-Organisation von mehr als 200 Technologiefirmen in Silicon Valley, darunter Google, Microsoft, Intel und Yahoo. Man wolle die Regierung dazu bringen, umweltfreundliche Technologien zu fördern und Steuererleichterungen zu geben – „ganz wie in Europa“, erklärt Vizepräsidentin Gretchen Beyer. Das könnte der Anfang einer neuen „grünen Welle“ in den USA sein, meint Beyer.

Solarenergie statt Bäume

Ganz haben die amerikanischen Firmen den Konnex zwischen Umwelttechnologie und Umweltschutz aber noch nicht hergestellt. Damit mehr Licht auf die Solarzellen fällt, hat Google ein Ansuchen an die Stadtverwaltung gestellt: Man will ein paar Bäume fällen.

Inline Flex[Faktbox] GRÜNE INVESTITIONEN("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.05.2007)

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