Wölfe werden in Österreich heimisch

150 Jahre nach ihrem Aussterben kehren die Wölfe zurück – wie andere Wildtiere.

WIEN. Die jüngsten Meldungen sind noch unbestätigt und kommen aus Vorarlberg. Dort berichtet ein Tierarzt davon, im Großen Walsertal einen Wolf gesichtet zu haben. Wie der ORF weiter berichtet, halten dies Wildbiologen für „unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen“.

Dass Wölfe wieder vermehrt in Österreich auftreten, ist allerdings gesichert. „Vor drei Monaten ist ein Wolf in Niederösterreich gesichtet worden. Er hat vier Stück Rotwild gerissen und ist dann nach Oberösterreich weitergezogen“, berichtet Peter Lebersorger, Geschäfstführer des niederösterreichischen Landesjagdverbandes. Für ihn ist diese Beobachtung nichts Besonderes – er meint: „Der Wolf ist ein Niederösterreicher.“ Er könne jedoch nicht sagen, „welchen Reisepass“ das Tier habe, woher es also stamme.

In diesem Frühjahr wurde im Mariazellerland in der Steiermark ebenfalls ein Wolf gesichtet – möglicherweise dasselbe Tier. Für Andreas Kranz, den Wildbiologen des steirischen Landesjagdverbandes, ist allerdings klar, dass „Wölfe auch in den vergangenen Jahren schon immer wieder aufgetaucht sind. Überlebt haben sie nicht: zwei Mal wurden sie illegal erlegt.“ Kranz glaubt, dass die Tier „nirgendwo auf Toleranz stoßen“. Am wahrscheinlichsten erscheint ihm jedenfalls, dass die Tiere aus Slowenien, Kroatien oder Ungarn nach Österreich gezogen seien – gesichert ist dies allerdings keineswegs.

Tatsache ist auch, dass Wölfe praktisch in ganz Europa ihren Lebensraum ausbreiten. Österreich ist umgeben von Ländern, in denen diese Tiere auf dem Vormarsch sind. Rudel werden in Italien, aus der Schweiz und Frankreich gemeldet, zuletzt haben Biologen ein „stabiles Rudel“ auch im deutschen Bundesland Sachsen geortet.

„Es würde mich nicht wundern, wenn das in den kommenden Jahren auch bei uns geschehen wird“, sagt Walter Arnold, Leiter der Forschungsstelle für Wildtierkunde und Ökologie in Wien. Dass diese Tiere jetzt auch durch Wälder hierzulande streifen, „wundert mich überhaupt nicht. Ich habe das schon länger erwartet.“

Wölfe sind im 19. Jahrhundert in Österreich ausgerottet worden. Einerseits haben Industrialisierung, Bevölkerungszunahme und Zersiedelung den geschlossenen Lebensraum für Wölfe immer stärker beschränkt, andererseits sind diese Tiere auch gnadenlos gejagt worden. „Wölfe haben Nutztiere gerissen; für jeden erlegten Wolf haben Jäger eine Prämie erhalten“, berichtet Karl Sirowatka, Geschäftsführer des steirischen Landesjagdverbandes.

Kommt jetzt der Goldschakal?

Noch einmal Arnold: „Die Bestände von Schalenwild steigen, viele Gebiete, die früher genutzt worden sind, werden aufgegeben – der Lebensraum für Wölfe vergrößert sich.“ Sie sind nicht die einzigen Wildtierarten, die sich wieder ansiedeln, oft auch mit der Hilfe von Projekten, die von Umweltorganisationen wie dem Worldwide Fund for Nature (WWF) abgewickelt werden. Die einst ausgerotteten Braunbären leben mittlerweile ebenso in Österreich wie Luchse, Elche, Marderhund oder Waschbären. Und der nächste tierische Einwanderer? Arnold: „Gute Frage. Gute Chancen hat der Goldschakal.“

RAUBTIER-COMEBACK

Nach Braunbär und Luchs werden immer häufiger auch Wölfe gesichtet. Experten halten es auch für realistisch, dass bald auch der erste Goldschakal durch Österreich streifen könnte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.05.2007)

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