Schluss mit Pflugscharen und Kaiserwitwen!

Salzburg feiert seien Mythos auch museal - seit Juni in der neuen Residenz. Auch andere Landesmuseen wollen mehr Aura, weniger Info.
Salzburg feiert seien Mythos auch museal - seit Juni in der neuen Residenz. Auch andere Landesmuseen wollen mehr Aura, weniger Info.(c) Wild & Team
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Landesmuseen: Direktoren präsentierten die Träume und die Realitäten von Erweiterungen, Neubauten in Wien.

Es zieht aus allen Fugen, ist feucht und modrig. So las man jüngst über das Vorarlberger Landesmuseum. Jetzt wird alles besser. 30Mio.Euro will die Landesregierung für die Neugestaltung spendieren. Es gibt auch einen neuen Direktor: Tobias Natter, Vorarlberger, früher in Wien Chef-Kurator im Belvedere.

Natter war bei der Präsentation der Landesmuseen am Mittwoch im Künstlerhaus zwar nicht anwesend, trotzdem ist die Vorarlberger Entwicklung typisch für jene der Landessammlungen. Man will etwas Neues.

Alte kulturhistorische Darstellungen haben ausgedient. Handwerk, Kunst wollen inszeniert sein. Aura ist wichtiger als trockene Info. Geschichten zur Geschichte bringen mehr Besucher als enzyklopädische Aneinanderreihung. Ein Beispiel dafür ist das schöne, aber biedere Carolino Augusteum, benannt nach der Witwe von Kaiser FranzI. Jetzt heißt es Salzburg Museum und präsentiert seit Juni in der Neuen Residenz den Mythos der Salzach-Stadt. 100 Jahre hat die Diskussion gedauert, bemerkte Direktor Erich Marx knapp. 19Mio.€ wurden ausgegeben, ein bescheidener Betrag, bedenkt man die (Schilling-)Milliarden, die in die Bundessammlungen geflossen sind.

Hoffnung auf Jubiläen u.a. Feste

Jubiläen und andere Festivitäten stimmen Politiker spendabel. Das Grazer Joanneum feiert 2011 seinen 200.Geburtstag. Viele Sammlungen sind schon neu aufgestellt, 40Mio.€ wurden in die verschiedenen Standorte investiert. Um die Renovierung des Stammhauses aber gibt es Streit. Der Landesrechnungshof kritisierte, dass die 48Mio.€ für das Großprojekt Joanneum-Viertel (mit Depots, Bibliothek-Sanierung) auf 121Mio.€ anwachsen, sobald man Vollkosten (Finanzierung, Betrieb) einkalkuliert. „Jetzt gibt es eine Diskussion“, formuliert Joanneum-Direktor Wolfgang Muchitsch vornehm. Trotzdem sei man zuversichtlich.

Zuversicht. Die übt auch der Chef des OÖ Landesmuseums, Peter Assmann. Das Linzer Schlossmuseum soll einen Zubau erhalten, 2009, wenn Linz Kulturhauptstadt ist, soll er fertig sein. „Der Zeitplan wird eingehalten“, betont Assmann. Das neue Musiktheater bis 2009 zu vollenden, hat man längst aufgegeben. Assmann spricht lieber nicht von Hürden, sondern von der wunderbaren Aussicht, die man von der Terrasse des Neubaus – Spatenstich Freitag – auf die Stadt haben wird. Landesmuseumsdirektoren sind weniger Showstars als ihre Kollegen in Wien. 24Mio.€ soll der Linzer Komplex kosten, „und keinen Cent mehr“, zitiert Assmann OÖ-Landeshauptmann Pühringer.

Manchmal happy, selten zufrieden

Was die Länderchefs mit jenen in Wien gemeinsam haben, ist, dass sie nie zufrieden sind. In Salzburg träumte man von einem Rundgang durch die Residenzen, Dom, Erzabtei St.Peter, Universität: Nix da, wir brauchen unseren Platz selber, sagte die Uni. Die Archäologie kommt nun in die Alte Residenz, auf der Feste Hohensalzburg soll sich die Mittelalter-Sammlung verbreitern.

Wenn das Joanneum-Großprojekt fällt, kostet die Sanierung statt 48 nur mehr 28 Mio.€. „Aber die Depots!“, rief Intendant Peter Pakesch. Den Schrei kennt man in Wien, er brachte viel Depotraum hervor.

Auch Tirols Landesmuseum hat einen neuen Chef, den Schweizer Wolfgang Meighörner. Das Ferdinandeum, das, liest man, mit Schimmel und Besucherrückgang kämpft (seltsam, tolle Sammlung, viele Touristen in Tirol), soll generalsaniert werden. Auch strukturelle Fragen (Integration verschiedener Tiroler Institutionen in eine neue Betriebsgesellschaft) sind zu klären. „Der Mann muss Masochist sein“, so die „Tiroler Tageszeitung“. Meighörner konnte dazu nicht befragt werden. Er war Mittwoch nicht ins Künstlerhaus gekommen.

Apropos: Wie geht es dieser ehrwürdigen, aber krisenhaften Institution? Die Vermietung läuft gut, die Sanierung lässt warten, Bundesgeld ebenfalls. Das Wien-Museum gab seine Karlsplatz-Pläne auf, hofft auf einen Zubau, über den im Herbst Näheres berichtet wird. Also nichts Neues im KH.

LAND & BUND: Museen

Die Bundessammlungen freuen sich nach Großinvestitionen in den Neunzigern inzwischen über jedes Milliönchen, das sie ihrer Ministerin (& Molterer) entreißen.

In den Bundesländern wird noch fleißig geplant, gebaut, eröffnet. Nur das Kärntner Landesmuseum erweitert sich nicht.

Viele Landesmuseen gehen auf edle, oft adelige Gründer zurück, auch Bürger spendierten Geld und Sammlungen.

Erzherzog Johann initiierte nicht nur das Grazer Joanneum, sondern auch Tirols Ferdinandeum (benannt nach Ferdinand I.).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.07.2007)

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