Zauberkunst: Der Klub der Zauberer

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Wiens Magier sind straff in Vereinen organisiert und zaubern heute in kleinem Kreis statt auf großen Bühnen. Uri Geller mögen sie nicht, obwohl Zaubern durch ihn wieder en vogue ist.

Wir Zauberer“, sagt Oliver Ciontea, „sind schon sehr skurril. Und bedienen jedes Klischee“. Wenn das einer wie Ciontea sagt – selbst Magier, der ein Zauber-Fachgeschäft („Vienna Magic“) führt, dann glaubt man ihm das einfach einmal.

Von außen betrachtet scheint zumindest Letzteres – die Klischees – nicht ganz falsch zu sein. Die Wiener Zauberbranche hat sich ein gewisses „Es war einmal“-Flair bewahrt. Durchaus mit Absicht, wahrscheinlich. Wie der ergraute Zauberkünstler Hardy Werner, elegant in Anzug und Fliege, da vor einem steht, ein Ei (aus dem Ärmel?) erscheinen und es in einem Sack wieder verschwinden lässt – das ruft Kindheits-Erinnerungen wach. Die Kartentricks, die Münze, die wie durch ein Wunder durch den Tisch wandert – all das könnte so genauso gut auch vor 50, vor 80 Jahren inszeniert worden sein. Tatsächlich zauberte Werner erst kürzlich im „Hotel Stefanie“, in das der „Magische Klub Wien“ regelmäßig zu Gästeabenden lädt. „Die Zaubertricks“, sagt Magic Christian, Österreichs Vorzeige-Zauberer und Klubpräsident, „sind eben im Großen und Ganzen gleich geblieben“.

Kaum geändert hat sich auch der Frauenanteil. Zauberei ist auch in Wien Männern vorbehalten. „Frauen halten sich wahrscheinlich für zu ungeschickt,“ so Magic Christian. Ciontea sieht das anders. Frauen seien in der Branche auf das Assistentinnen-Dasein reduziert. „Sie bringen dem Zauberer seine Requisiten oder sie werden zersägt“.

Der Wiener Zauberer, ein Macho? Ein überzeugter Vereinsmeier jedenfalls. Die meisten der rund 250 Wiener Zauberer sind in einem von sechs Vereinen organisiert. Mit der längsten Tradition rühmt sich der Magische Klub Wien(siehe Kasten). Die Zauberer eines Vereins bleiben, abgesehen von Kongressen und Meisterschaften, unter sich. „In vielen Klubs ist es verpönt, bei einer Veranstaltung eines anderen Klubs aufzutreten“, so Ciontea.

Der Magische Klub trifft sich regelmäßig in seinem Klubraum in Mariahilf. Mit seinen verdunkelten Fenstern, grün bezogenen Tischen und den Porträts früherer Mitglieder, könnten sich hier auch Geheimbündler treffen. Tatsächlich wird hier an der Zauberkunst gefeilt. Heißt es. Was genau passiert, weiß kaum jemand, denn Einlass bekommt nur, wer Mitglied im Klub ist. Die haben als Teil des Aufnahmerituals den Eid geschworen, die Geheimnisse nicht zu verraten.

Es hat keinen Sinn, einen wie Magic Christian zu fragen, wie seine Tricks funktionieren, wie er vorhin ein in Papier eingewickeltes Glas einfach verschwinden ließ. Nein, darüber spricht Magic Christian nicht, obwohl er gerne spricht. Er erzählt lieber von früher, als die Zauberkunst noch viel galt in der Wiener Gesellschaft, im 19. Jahrhundert. Als Anton Kratky-Baschik, einer der klingenden Zauberer-Namen, täglich 1000 Menschen in sein Theater im Prater lockte und dort Geister erscheinen ließ.

Das Standing der Zauberkunst war schon besser, sagt Ciontea. Aber wirklich gut war es in Wien, anders als etwa in Deutschland, nie. „Durch die Nähe zu den Prostituierten im Prater hatte die Zauberei immer einen halbseidenen Beigeschmack.“ Den Tiefpunkt – als den Zauberern in den 60ern das Publikum verloren ging, weil es die TV-Geräte daheim faszinierender fand – hat man durchtaucht, David Copperfield sei's gedankt.

Uri Geller mag man nicht

Auch wenn in Wien keine chinesischen Mauern verschwinden, zieht das Zaubern wieder. Statt auf großen Bühnen wird heute direkt an den Tischen gezaubert. „Daran mussten sich die Menschen erst gewöhnen,“, erzählt Magic Christian. „Dem Zauberer auf die Finger schauen zu können und trotzdem nicht zu wissen, wie der Trick funktioniert.“ Die „Mikro-Magie“ hat ihre Anhänger: Die Abende sind auf Wochen ausgebucht.

Derzeit eint die Branche eine gemeinsame persona non grata. Uri Geller nämlich, der ewige Löffelverbieger und TV-Star der „The next Uri Geller Show“ (eine Art „Deutschland sucht den Superstar“ für Magier). Weil Geller vorgibt, wirklich übersinnliche Fähigkeiten zu haben, also Tricks leugnet. Und weil er „kein guter Zauberkünstler ist“, so Magic Christian. „Gellers Tricks kann man bei uns um 16 Euro kaufen“, sagt Ciontea. Wie die funktionieren? Das verrät er nicht. Ein Magier weiß, was sich gehört.

Und doch belebt Geller das Geschäft. „Das ist der Wahnsinn“, sagt Ciontea, durchaus besorgt. „Da kommen Menschen, die glauben, es gibt wirklich telepathische Fähigkeiten“. Der David-Copperfield-Effekt sozusagen, denn schon zu dessen Hoch-Zeit kamen „dicke, bebrillte Männer, die geglaubt haben, sie können so zaubern wie Copperfield und bekommen die Mädchen“. Beides – hat nicht funktioniert. Klischee? Durchaus. Skurril? Und wie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.02.2008)

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