Geplatzte Wiener Eis(alb)träume

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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IMMOBILIEN. Das Areal des traditionsreichen Eislaufvereins wird verkauft, Mitglieder befürchten eine Verbauung.

Wien. Der Wiener Eislaufverein (WEV), da sind sich seine Befürworter einig, ist eine Wiener Institution. Schließlich ist er schon 1867 als erster Sportverein der Kaiserstadt gegründet worden. Doch jetzt bangen viele um ihr „Juwel“. Denn das Grundstück, auf dem sich jetzt noch vormittags Schulkinder, nachmittags Sportler austoben und am Sonntagvormittag das Wiener Bürgertum seine Runden dreht, steht seit Dezember zum Verkauf.

Der Besitzer, der dem Innenministerium unterstellte Stadterweiterungsfonds, will die Verhandlungen mit kolportierten fünf Bietern bis Sommer abschließen. Die Aufregung ist groß. Otto Schenk, WEV-Ehrenpräsident, wirft sich in Pose: „Mir ist unverständlich, in welchen geldrafferischen Hirnen ein so verbrecherischer Gedanke entsteht“, sagt er wörtlich. Andere sind schnell mit Superlativen zur Stelle. „Unvergleichlich“ nennt Pensionistin Irene Wernicke den Platz, auf dem sie seit ihrem zehnten Lebensjahr regelmäßiger Gast ist. Auch Felicia Pichelmann geht dort „seit zehn Jahren ein und aus“, um Freunde zu treffen, zu entspannen. Einmal die Woche organisiert sie am Platz das Eishockey-Training für 140 Kinder.

Stadt und Bezirk stützen WEV

„Eine Schließung“, sagt Pichelmann, „wäre eine Katastrophe.“ Dann wäre auch mit dem Training Schluss. „Der Eisring Süd schließt, bei der Eislaufanlage Engelmann (im 17. Bezirk, Anm.) brauch ich nicht mit 140 Kindern kommen.“

Doch wie groß ist die Gefahr, dass ein neuer Besitzer automatisch das Aus für den WEV bedeutet? Und könnte er wirklich den Platz verbauen, wie befürchtet?

Die Stadt und der Bezirk Landstraße wollen das jedenfalls verhindern, einer Umwidmung der Sportfläche in Bauland wollen sie keinesfalls zustimmen. Planungsstadtrat Rudi Schicker kündigt gar eine „Bausperre“ an.

Theoretisch besteht diese schon jetzt, denn der Pachtvertrag des Vereins läuft erst 2058 aus. Bis dahin kann niemand anderer neue Gebäude auf dem Areal errichten. Allerdings, so fürchtet Georg Schüller (VP) von der Bezirksvertretung Landstraße: „Ein neuer Besitzer kann dem WEV das Leben schwer machen.“

Sollte der Käufer tatsächlich ernste Bauabsichten haben, müsste er das Areal erst einmal umwidmen. Das schließen die Stadt und der Bezirk Landstraße, die zustimmen müssten, dezidiert aus.

Außerdem müsste für einen gleichwertigen Ersatz in der Nähe gesorgt werden, heißt es aus dem Büro von Sportstadträtin Grete Laska. Die Strafe bei Nichteinhaltung ist allerdings im Verhältnis zum Wert des Platzes vergleichsweise eher mickrig: 7500 Euro.

Ohne Umwidmung ist das Areal als Bauplatz wohl ziemlich unattraktiv: Ein neuer Besitzer könnte dann nur dort bauen, wo schon jetzt Gebäude stehen. Zur Lothringerstraße ist nur eine ebenerdige, zum Heumarkt hin eine maximal 16 Meter hohe Verbauung möglich. Die Eisfläche muss frei bleiben. Weder dem Hotel Intercontinental, noch dem Konzerthaus dürften die Fenster verbaut werden.

Doch wieso sollte ein Bieter viel Geld für ein unbebaubares Grundstück zahlen? In den Verkaufsunterlagen wird zumindest angedeutet, dass sowohl eine Absiedlung des WEV, als auch eine Flächenumwidmung möglich sind. Die Bieter müssen angeben, wie viel Aufpreis sie dann zahlen würden. Von einem Architekturbüro wurden Bau-Studien erstellt. Bestandteil aller Entwürfe: einen Eislaufplatz gibt es weiter – er nimmt aber nur ein Drittel der derzeit über 6000 m2 ein.

Nun will sich der WEV wehren: Über Dritte hat er selbst ein Angebot gelegt. Die Rettung? „Wir wissen ja nicht, wie viel die Anderen geboten haben“, zweifelt WEV-Präsident Farzam Rossoukhi.

Außerdem hat der Eislaufverein beim Bundesdenkmalamt um eine Prüfung angesucht. Sollten die Bauten der Architekten Theiss und Joksch (erstes Hochhaus Wiens, Herrengasse) unter Denkmalschutz gestellt werden, wäre eine Neubebauung ausgeschlossen. In zwei Wochen wird der Bericht erwartet. Dann wäre es zumindest amtlich, das mit der Institution.

ZUR SACHE

Der Wiener Eislaufverein (WEV) wurde 1867 gegründet, seit 1912 hat er das Grundstück zwischen Lothringerstraße und Heumarkt gepachtet. Vertrag läuft bis 2058.

Der WEV ist ein privater Vereinund erhält keine Subventionen. Die Bilanz des Vereins ist laut dessen Geschäftsführer ausgeglichen.

Die Zahl der Besucher liegt in den letzten 20 Jahren konstant bei etwa 250.000 Besucher pro Saison, davon 150.000 Kinder.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 23.02.2008)

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