Auf der Spur eines Primaten-Mythos: Fünf Frauen suchen einen Affen

Auf Expedition ins Unbekannte: Sachiko Hara, Stefanie Dvorak, Myriam Schröder, Alexandra Henkel und Elisa Seydel (v.li.n.re.)
Auf Expedition ins Unbekannte: Sachiko Hara, Stefanie Dvorak, Myriam Schröder, Alexandra Henkel und Elisa Seydel (v.li.n.re.)(c) Burgtheater
  • Drucken

Burgtheater-Kasino: Fünf Schauspielerinnen erzählen über ihre Arbeit an „Ich habe King Kong zum Weinen gebracht“.

Wer hat Angst vor dem wilden Affen? „Ich nicht“, sagt die Schauspielerin Myriam Schröder: „Als Kind hatte ich Angst vor Vampiren, bei King Kong aber glaubte ich, dass er mich beschützen wird. Im Kindergarten habe ich schwarze Bilder gemalt. Man dachte schon, ich wäre depressiv. Aber es war nur mein King Kong, der passte einfach nicht aufs Bild. Er hatte ein zu großes Format.“

Ganz anders war das bei Stefanie Dvorak: „Als ich klein war, habe ich mich tatsächlich vor ihm gefürchtet. Das war beim Schwarzweiß-Film von 1933. King Kong war für mich ein Monster. Jetzt sehe ich in ihm einen schlecht animierten Affen.“ Alexandra Henkel hatte auch Angst, jetzt aber empfindet sie eher Mitleid: „Wenn er am Schluss langsam abgeschlachtet wird von tausend Gewehren, kriegt man Mitleid. Da weiß man nicht mehr, wer das größere Monster ist.“

„Diese blonde Frau hat mich genervt“

Sachiko Hara ist lange schon Monster gewöhnt. „In Japan sieht man schon als Kind viele Filme mit Ungeheuern wie Godzilla. Da ist King Kong im Vergleich eher harmlos.“ Elisa Seydel hat die Filme als Kind nicht gesehen. „Ich mag die auch heute nicht besonders. Diese blonde Frau, die nichts anderes zu tun hat, als zu schreien, hat mich genervt. Auf so eine Frau wollte ich nicht reduziert werden. Ich bin ja blond, damit wollte ich nicht zu doll identifiziert werden.“

Mit diesen fünf jungen Burgtheater-Frauen gehen Autor Johannes Schrettle und Regisseur Robert Lehniger bei ihrem Projekt „Ich habe King Kong zum Weinen gebracht“ auf eine abenteuerliche Expedition ins Unbekannte. Sie haben sich mit ihnen die drei Hollywood-Filme angesehen und daraus gemeinsam einen Text entwickelt.

Gemeinsam wird auch Regie geführt. Die fünf spielen also nicht nur Fay Wray, Jessica Lange oder Naomi Watts, die blonden Ann Darrows an der Seite des Herrn Kong, sie schlüpfen auch in die Rollen von Autoren, Regisseuren oder der Anarchistin Emma Goldman. Das klingt anspruchsvoll, macht aber offensichtlich Spaß. „Erst hatte ich gedacht, es wäre ein schlechter Scherz, dass wir ohne Text zu arbeiten beginnen und ihn erst auf der Probe entwickeln. Dann aber konnte jeder sein eigenes Thema entwickeln. Das ist spannend“, sagt Schröder. Der Affe sei nur die Klammer für ein komplexes Spiel. Dvorak: „Der Affe ist für jeden etwas anderes. Jede von uns hat eine eigene Geschichte entwickelt. Diese zu verbinden war eine Herausforderung. Da gab es auch Szenen der Verzweiflung.“

Es wird viel mit Kameras gearbeitet, man spielt mit dem Wechsel von innen und außen. Die Bühne ist zugleich ein Filmset, übertragen wird auch mit einer Handkamera aus der Kasinobar. „Normalerweise habe ich auf der Bühne ein Gespür für den Raum, fürs Publikum“, sagt Schröder, „aber diesmal sind wir manchmal auch ausgeliefert. Wir werden z.B. auf einer Leinwand von außen übertragen, während Steffi bereits auf der Bühne steht. Da wissen wir gar nicht, was der Zuschauer überhaupt sehen kann.“

Jedenfalls hat die Arbeit etwas sehr Persönliches, so Schröder: „Ich finde es toll. Wann hat man das schon, dass ein Text für einen Schauspieler maßgeschneidert wird? Anfangs hatte ich Bedenken, dass diese Arbeit nur mit Frauen zickig werden könnte, das wurde aber vollkommen widerlegt.“

Können sich die fünf Frauen vorstellen, künftig das Fach zu wechseln und sich als Regisseurin oder Autorin zu versuchen?“ Sie reagieren zurückhaltend. Hara: „Der Autor hat eine äußerst schwierige Arbeit, das würde ich nie werden. Wir haben ja auch viele Ideen, aber das so zu formulieren, wie es ein Autor macht, ist etwas anderes. Und gute Regisseure? Die sind zugleich sehr verrückt und auch gescheit. Für mich war die Textfindung sehr kompliziert. Aber die Rolle der Emma Goldman hat mich besonders interessiert, die zur Anarchistin wird. Die Anarchie ist ein Monster, das gegen alle kämpft.“

Was ist der Lieblingssatz des Abends für die fünf Frauen? Seydel: „Ich arbeite gerne mit lebenden Autoren.“ Hara: „I will leave the country rather than my ideals.“ Schröder: „Warum muss mir ausgerechnet jetzt mein Charakter, mit dem ich auch noch immer zusammen bin, in die Quere kommen?“ Henkel: „Ich bin Autor, Regisseur, Schauspieler und Filmproduzent.“ Ich bin also jemand, dem sie vertrauen können.“ Dvorak: „Das Gute ist nie von Dauer, Mr. Danham.“

(Danham ist der Regisseur in King Kong.)

MYTHOS: Monster-Affe

In Hollywood wurde King Kong bereits dreimal verfilmt: 1933, 1976 und 2005.

Im Burgtheater-Kasino hatte „Ich habe King Kong zum Weinen gebracht“ am Sonntag Premiere. Regie führte Robert Lehninger, Autor ist Johannes Schrettle.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.