Zweite Chance für singenden Koch

Oper light. Carry Persson ist die neue Klassik-Hoffnung von Sony BMG. Mit 50 Jahren versucht der Schwede, bis vor kurzem Koch, ein Comeback als Sänger.

Der Kies auf dem Vorplatz von Schloss Ovesholm knirscht, als sich der glänzende, schwarze Wagen einbremst. Heraus steigt ein bulliger Mann mit hellblondem Haar, kanariengelber Hose, schwarzen Lackschuhen und einer großen Sonnenbrille. Gestatten, Carry Persson.

Um ihn herum drängen sich etwa 40 Journalisten aus Deutschland, der Schweiz und Österreich. Sie wurden nach Südschweden eingeflogen, um die neue Hoffnung von Sony BMG Classics kennen zu lernen, deren CD dieser Tage erscheint.

Perssons Aufmachung und demonstrativ gute Laune lassen sofort an einen Schlagerstar denken. Doch das Musiklabel hat andere Pläne mit ihm. Er soll so etwas wie der neue Andrea Bocelli oder Peter Hoffmann werden – ein Opernsänger für die Massen.

Die stimmlichen Voraussetzungen bringt Persson mit, immerhin ist er klassisch ausgebildeter Opernsänger. Laut offiziellem Lebenslauf hat er an der königlichen Oper in Stockholm debütiert und war danach in Bern, Oldenburg und Malmö engagiert. Trotz des Erfolgs war Persson unzufrieden und schmiss seine Opernkarriere. „Ich wollte Gefühle vermitteln, aber es stand immer jemand da, der mir sagte, wie ich das tun soll“, begründet er im Gespräch mit der „Presse“.

Und so machte Persson seine zweite Leidenschaft zum Beruf: Er wurde Koch an seinem damaligen Wohnort in der Schweiz. „Ich habe schon immer all mein Geld im Restaurant ausgegeben“, erzählt er. In diesem Restaurant, so die Mär by Sony, wurde Persson mit seinen gut 50 Jahren wieder entdeckt. Er soll nach dem Kochen stets vor seine Gäste getreten sein und Opernarieren gesungen haben. Ein „wohlhabender Gast“ stellte Kontakt zu José Carreras her, der ihn an Sony weitervermittelt und Persson so eine zweite Chance als Sänger verschafft haben soll.

Oper trifft Schlager

Nicht Teil des offiziellen Lebenslaufes sind Perssons weniger glamouröse Auftritte bei Lunch- und Muttertags-Konzerten gemeinsam mit seiner Frau, der deutschen Sängerin Petra Pietschmann. Oder die Engagements bei Theatern, CD-Aufnahmen von schwedischen und deutschen Weihnachtsliedern.

Dass ihm seine neue CD mehr Erfolg beschert, dürften schon die involvierten Personen garantierten. Sein Manager ist jener von Carreras und das Arrangement besorgte der Brite John Cameron, der Andrew Lloyd Webbers „Les Misérables“ orchestriert hat und erfolgreich Filmmusik komponiert.

Das Ergebnis ist eine Fusion aus Musical, Schlager und Klassik: Es wurden Titel ausgewählt, die durch den Einsatz in Film und Werbung schon bekannt sind. Instrumental-Stücke wurden mit einem Text versehen, etwa Richard Wagners Walkürenritt, Antonin Dvoràks Sinfonie „Aus der neuen Welt“ oder „Jupiter“ aus der Planeten-Suite von Gustav Holst.

Der rote Faden des Werks ist gleichzeitig der Titel: „Heroic Songs“. Einer, der, wie Persson selbst findet, „sehr gut zu mir passt. Ich fühle das Wikingerblut in mir“, sagt er. Kopf, Bauch und Stimme – „alles ist breit, das, was ich unter heroisch verstehe“. Wenn Persson singt, dann verzieht er sein Gesicht, ballt seine Fäuste und biegt den Rücken durch, dass es die Zuschauer schmerzt. „Der Carry ist ein Showmensch“, kommentiert Carreras' Tontechniker Paul Brantner. „Was er macht, ist Populär-Klassik.“

ZUR PERSON

Carry Persson wurde in Südschweden geboren. Nach einer klassischen Ausbildung startete er eine Sängerkarriere, brach diese jedoch ab.

Er eröffnete ein Restaurant in der Schweiz, wo er weiter für seine Gäste sang. Einer machte ihn mit José Carreras bekannt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.04.2008)

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