Techno-Taschen: Händchen für die Technik

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Von der grassierenden Euphorie für allerlei hochtechnologische Spielereien können auch findige Modemacher profitieren – zwei märchenhafte Erfolgsgeschichten.

Silicon Berlin. Liliane Radu kooperierte mit ihrem jungen Taschen­label bereits mit Apple.
Silicon Berlin. Liliane Radu kooperierte mit ihrem jungen Taschen­label bereits mit Apple.(c) Beigestellt
Technotasche. Mit solchen Holstern überzeugt „Urban Tool“ seine Kunden.
Technotasche. Mit solchen Holstern überzeugt „Urban Tool“ seine Kunden.(c) Beigestellt

Es war einmal eine deutsche Designerin. Die hieß Liliane Radu, auch Lili genannt. Weil sie während ihres Studiums im Fashion Management keine Laptoptasche fand, die funktional und klassisch zugleich war, schneiderte sie sich einfach ihre eigene: Das Label Lili Radu war geboren. Schon bald präsentierte Lili ihre Modelle regelmäßig auf der Berliner Modemesse Bread & Butter. Eines Abends spazierte kurz vor Schluss ein englischer Herr am Stand vorbei. Er kam mit Lili ins Gespräch und zeigte sich interessiert an ihren Taschen. Als Lili fragte, wer der Herr denn sei, antwortete dieser: „Ich bin Paul. Paul von Apple.“

„Das ist deine große Chance, Lili“, dachte sich die 32 Jahre alte Designerin im Juli 2012. Schon während des Studiums hatte sie von einer Kooperation mit Apple geträumt, jenem kalifornischen Unternehmen, das im letzten Jahr einen Umsatz von 171 Milliarden Dollar generierte und derzeit als die wertvollste Marke der Welt gilt. Mit so manchem großen Label hat der Soft- und Hardwarehersteller schon zusammen gearbeitet: International tätige Labels wie Michael Kors oder Longchamp designten etwa Taschen für die kalifornischen Gadgets. Dem britischen Label Burberry stellte Apple wiederum seine Produkte während der vorletzten Londoner Fashion Week für einen Livestream der Modeschau zur Verfügung. So groß war die Anziehungskraft, dass Burberry-CEO Angela Ahrendts im Herbst 2013 von Apple in eine Führungsposition nach Kalifornien geholt wurde.

Funktional und praktikabel. Ebenfalls seit letztem Jahr zählt also Lili Radu zu den offiziellen Kooperationspartnern der amerikanischen Marke. Fünf Taschen sind seither europaweit für MacBook und MacBook­Air entstanden. „Sie tragen alle meine Handschrift“, verkündet Liliane stolz. Bei einer Kooperation mit einem derart großen Unternehmen sei dies keine Selbstverständlichkeit. „Alle meine Modelle – so auch die für Apple – verfügen über viele, kleine Innentaschen und Fächer“, erklärt die Designerin. Auch das kontrastierende Farbspiel zwischen Innen und Außen ist markant – diese Besonderheit durfte beibehalten werden: „Apple selbst gab nur Kleinigkeiten vor,“ unterstreicht die aus Frankfurt stammende Designerin. So sollten die Taschen einen Schultertragegurt haben; auch bestimmte Farben sollten nur für die Kooperations­linie genutzt werden. „Das war’s dann aber auch schon“, schließt Lili Radu.

Die Kombination ist durchaus interessant, die Branche vergleichsweise jung. Denn während sich die Technik rasch ändert, stellt das unweigerlich auch die Accessoire-Designer vor neue Schwierigkeiten: „Wenn man Mode für diesen Bereich schafft, dann ist die Funktionalität wohl die größte Herausforderung“, meint Radu. „Wenn ich eine Tasche kreiere, frage ich mich selbst: Was brauche ich im Alltag, oder was habe ich am Abend dabei, wenn ich ausgehe“, verrät die Designerin.

Auch für Anja Herwig hat die Funktionalität Priorität. Sie leitet zusammen mit Sabrina Tanner das in Wien ansässige Label Urban Tool – auch hier kreiert man  Taschen für Laptops, Tablets und Smartphones.

„Wir machen praktikable Tragelösungen für den mobilen Menschen von heute, der sein digitales Werkzeug ständig zur Hand haben will“, erklärt Herwig. Neben der Funktionalität der Taschen seien noch weitere Aspekte wichtig. So achte sie auf die neuesten Trends in der Bekleidungsindustrie: „Insbesondere die Farben der kommenden Saisons sind für uns von Bedeutung.

Ebenso behält Anja Herwig die Entwicklung der Technik im Auge. „Als wir Urban Tool im Jahr 2004 gründeten, gab es gerade einmal die Communicators von Nokia“, erinnert sie sich und lacht. Damit sind jene klobigen Mobilfunkgeräte gemeint, die noch über einen kleinen Bildschirm sowie eine ausfahrbare Antenne verfügten. Für diese entwickelte Herwig zusammen mit ihren Kollegen die sogenannten Holsters, also Tragelösungen, die man sich um die Schulter schnallen kann. Seitdem hat sich viel getan. Die Technik hat sich rasant weiterentwickelt. Das Angebot ist gewachsen. „Und die Gadgets sind größer geworden“, erklärt Herwig. Die Holster von einst müssen daher fortlaufend angepasst werden.

Tasche statt Nase. Der Trend ginge laut Urban Tool hin zu größeren Geräten und einer höheren Nachfrage im Sportbereich. Daher bietet das Label seit Kurzem auch einen Sportgurt für Smartphones an, der um den Arm geschnallt werden kann. Armbänder oder Brillen mit integrierten Computern hingegen lassen Anja Herwig kalt: „Beides ist im Moment zu wenig ausgereift und für uns daher nicht interessant.“ Außerdem würde das Smartphone um das Handgelenk oder auf der Nase getragen werden. Wozu also noch eine Tasche?

Interessanter als die Entwicklung in der Technik seien aber die sich entwickelnden Märkte in Asien. „Die Konsumenten sind dort einfach offener für Neues und probieren vielmehr aus als in Europa“, erklärt Anja Herwig, die seit Ende letzten Jahres ihre Produkte auch in Hongkong anbietet. Lili Radu stimmt zu: „Zwar kommen meine Kunden vorrangig aus dem europäisch-deutschsprachigen Raum. Der heimatliche Markt ist aber doch sehr abgesättigt.“
Daher wäre Japan im Moment von größtem Interesse.
Dicht dahinter natürlich auch die USA, das Heimatland von Apple. Mit dem US-amerikanischen Team sei Lili auch schon im Gespräch. Ob daraus was wird? Mal sehen. Das Märchen ist in jedem Fall noch nicht zu Ende. Es darf weitergeträumt werden.

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