Mitarbeiter überwacht: Firma muss selbst zahlen

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Ein abtrünniger Angestellter wurde observiert. Doch das sei nicht nötig gewesen, urteilt der OGH. Der Mann muss nicht zahlen.

Wien. Mit abtrünnigen Mitarbeitern ist es wie mit untreuen Ehepartnern– zumindest, wenn es um den Ersatz von Detektivkosten geht. Das zeigt eine aktuelle Gerichtsentscheidung. Eine Firma hat einen Mitarbeiter observieren lassen, um festzustellen, ob dieser das Unternehmen hintergeht. Und die Judikatur hält klar fest: Man kann die Detektivkosten von Mitarbeitern zwar grundsätzlich einfordern, aber nur dann, wenn die Überwachung tatsächlich ausreichend Sinn hatte. Dies war im aktuellen Fall, der bis zum Obersten Gerichtshof (OGH) ging, aber zu verneinen.

Das Unternehmen war im Vertrieb von Rauchfang- und Heizsystemen aktiv. Da es im Schornsteinhandel einen rückläufigen Trend gab, wollte die Rauchfangfirma ihr Sortiment erweitern. Kachelöfen sollten den Umsatz steigern, dazu schloss man einen fünfjährigen Franchise-Vertrag mit einer Ofen GmbH, die Kachelöfen produziert. Gegen eine Zahlung erwarb man das Recht, diese Kachelöfen für Fertighauskunden exklusiv zu vertreiben. Umgekehrt sollte die Ofen GmbH die Produkte der Rauchfangfirma in ihr Sortiment aufnehmen.

Doch in Gang wollten die neuen Geschäfte für die Rauchfangfirma nicht so recht kommen, in einem Fall brach ein Kundenkontakt im Jahr 2012 sogar abrupt ab. Der offenbare Grund: Die Ofen GmbH kontaktierte Kunden selbst, auch wenn sie dies laut dem Franchisevertrag nicht mehr hätte machen dürfen. Und dann spielte auch noch ein leitender Angestellter der eigenen Firma eine hinterfragenswerte Rolle. Dabei hatte man diesem gerade erst im April eine Gehaltserhöhung gewährt.

Doch kurz danach passierte Seltsames: Noch im April wurde der Franchise-Vertrag von der Ofen GmbH gekündigt. Und dann kündigte im Juni auch noch der Angestellte trotz der Gehaltserhöhung seinen Dienstvertrag mit Wirkung zum September. Offizielle Begründung des Mitarbeiters: Er wolle sich selbstständig machen. Doch Gerüchte machten die Runde, dass der Mitarbeiter mit dem Chef der Ofen GmbH gesichtet wurde.

Oft bei anderer Firma zugegen

Eine heikle Angelegenheit, zumal es dem Angestellten vertraglich untersagt war, in Konkurrenz zu seinem Arbeitgeber aufzutreten. Noch Ende Juli – also während das Arbeitsverhältnis lief – setzte die Rauchfangfirma einen Detektiv auf den Mitarbeiter an. An acht Tagen innerhalb eines Monats, so stellten die Berufsschnüffler fest, hatte sich der Angestellte bei der Ofen GmbH aufgehalten. Er begleitete auch den Chef der Ofen GmbH, mit dem ihn eine Jagdfreundschaft verband, bei Terminen. Als all dies ans Tageslicht kam, rechtfertigte sich der Mitarbeiter damit, dass er nur privat und in seiner Freizeit bei der anderen Firma war. Er habe Einblicke in die Produktionsvorgänge von Kachelöfen erlangen wollen – und da der Franchisevertrag zwischen den Firmen ja ohnedies bereits gekündigt war, habe auch gar kein Konkurrenzverhältnis mehr bestanden.

Nun war der Ofen endgültig aus: Es folgte ein Prozess zwischen der Rauchfangfirma und dem abtrünnigen Mitarbeiter. Das Landesgericht Graz kam zwar zu dem Schluss, dass der Mann keine Konventionalstrafe und keinen Schadenersatz wegen Umsatzeinbußen seiner Exfirma zahlen muss. Denn diese habe einen Schaden nicht ausreichend bewiesen, weil sie nur bloße Budgetplanungen für den Umsatz mit Kachelöfen vorlegen konnte. Für die Detektivkosten von rund 14.500 Euro aber solle der Mitarbeiter aufkommen. Schließlich sei die Überwachung nötig gewesen, um das vertragswidrige Verhalten des Mitarbeiters aufzuzeigen.

Das Oberlandesgericht (OLG) Graz sah das anders: Es betonte, dass schon die bisherige Judikatur gezeigt habe, dass die Detektivkosten im Arbeitsrecht an jene im Eherecht anzulehnen sind. So müsse es etwa ausreichende Verdachtsmomente für ein vertragswidriges Verhalten des Mitarbeiters geben, und die Nachforschungen müssten weitere Klarheit ergeben.

Bloße Zeitnotizen sinnlos

Im aktuellen Fall aber lägen die Voraussetzungen dafür nicht vor. Denn die Rauchfangfirma habe zum Zeitpunkt der Observation keinen Vertragspartner für Kachelöfen gehabt (der Franchise-Vertrag war ja schon gekündigt). Daher war es nicht nötig, das Tun des Mitarbeiters bei der Ofen GmbH zu observieren, zumal das Kachelofengewerbe zu diesem Zeitpunkt keine Konkurrenz darstellte. Zudem, so wandte das Gericht ein, war der Detektiv gar nicht angewiesen worden, nur den Mitarbeiter, sondern auch die möglicherweise vertragsbrüchige andere Firma zu observieren. Zudem sei ganz grundsätzliche die „Zweckmäßigkeit der Arbeit des Detektivbüros hinterfragenswert“, so das OLG. Denn die Arbeit der Detektive erschöpfte sich darin, die Anwesenheiten festzuhalten, und nicht etwa ein „tatsächlich konkurrenzierendes Verhalten“.

Der OGH (8 ObA 88/13v) bestätigte das Urteil, die Firma bleibt somit auf den Detektivkosten sitzen.

AUF EINEN BLICK

Detektivkosten können überwälzt werden, etwa im Eherecht (wenn man beweisen will, dass der Partner fremdgeht), oder auch im Arbeitsrecht (wenn ein Angestellter sein Unternehmen hintergeht). Doch nur dann, wenn ausreichende Verdachtsmomente vorliegen und der Detektiveinsatz weitere Klarheit verschafft, ist es möglich, die Kosten dem Arbeitnehmer zu verrechnen. Im aktuellen Fall entschieden die Gerichte, dass ein Angestellter nicht die Detektivkosten zahlen muss. Er hielt sich zwar mehrfach bei einer anderen Firma auf, das Konkurrenzverhältnis konnte aber nicht bewiesen werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2014)

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