Aus Koma erwacht: Schumachers Kampf geht in nächste Phase

(c) Reuters (TONY GENTILE)
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Michael Schumacher ist nach Angaben seiner Managerin fast ein halbes Jahr nach seinem Skiunfall aus dem Koma erwacht. In Lausanne beginnt nun die Rehabilitation.

Wien/Lausanne. Die Ferrari-Fans aus Bergamo haben die riesige rote Fahne mit dem schwarzen Pferd längst eingerollt, die sie in die französischen Alpen mitgeschleppt hatten, um ihrem Idol die Reverenz zu erweisen. Auch die Reportermeute mit ihren Satellitenwagen, die die Klinik in Grenoble tagelang belagert hat, ist bereits zum Ende der Weihnachtsferien abgezogen, als der 45. Geburtstag des Unfallopfers am 3. Jänner verstrichen war, ohne dass es große Neuigkeiten – ob positiv oder negativ – zu berichten gab. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Nachrufe bereits auf Taste, im Todesfall abrufbereit.

Und nun ist auch Michael Schumacher, das Objekt des anfänglich weltweiten Interesses, weg. Am Montagmorgen – oder womöglich schon am Wochenende – hat die Sportikone, der Formel-1-Champion, nach fast halbjährigem Aufenthalt in der Intensivstation die Universitätsklinik in Grenoble verlassen. „Michael Schumacher aus Koma erwacht“: So lautete die dürre Eilmeldung, die die Nachrichtenagenturen zu Mittag in Umlauf brachten.

Sabine Kehm, die Managerin und Sprecherin des deutschen Ex-Rennfahrers, setzte ein sehr professionelles, aber auch sehr lapidares Statement hinterher, in dem sie sich namens der Familie ausdrücklich beim Spitalspersonal und den Ersthelfern bedankte. Sie würdigte darin auch das Mitgefühl der Menschen, ließ jedoch die meisten Fragen unbeantwortet. Am Ende stand der Appell: „Für die Zukunft bitten wir um Verständnis, dass seine weitere Rehabilitation außerhalb der Öffentlichkeit erfolgen soll.“

In der Nähe der Familie

Im Lauf des Tages sickerte indessen noch durch, dass Schumacher in die Uni-Klinik Lausanne verlegt worden ist, wo die Ärzte ein speziell abgeschirmtes Zimmer für ihn und seine Familie eingerichtet haben. Dies soll Schumachers Frau Corinna und seinen beiden Kindern, die in Gland am Genfer See leben – auf halbem Weg zwischen Genf und Lausanne –, eine bessere Betreuung ermöglichen. Dorthin werden Fans wie Reporter nun neuerlich ziehen.

Über seinen Gesundheitszustand sind nur Spekulationen zulässig. Peter Vajkoczy, Neurochirurg an der Berliner Charité, wollte sich in einem Interview gegenüber dem TV-Sender N 24 nicht auf Prognosen oder gar Ferndiagnosen einlassen. Der Patient könne vermutlich die Augen öffnen, wahrscheinlich zeige er Reaktionen. Ungewiss sei freilich, ob er Arme oder Beine bewegen könne. Über motorische Einschränkungen oder Sprachprobleme, so Vajkoczy, könne erst die Fortdauer der Behandlung Aufschluss geben.

Von einer bis zu zweijährigen Rehabilitationsphase war bereits nach dem Unfall die Rede. Bei blauem Himmel hatte sich Schumacher mit seinem 14-jährigen Sohn und Freunden am 29. Dezember in Méribel auf die Piste begeben, als er bei angeblich kaum 20 Stundenkilometern – geradezu ein Paradox für einen siebenfachen Formel-1-Weltmeister, der Unfälle auf Rennstrecken heil überstand – in einem Tiefschneeabschnitt zu Sturz kam und auf Gestein prallte.

Sein Helm barst, die Helfer fanden ihn halb sitzend, halb liegend und vor allem bei vollem Bewusstsein vor. Als er eineinhalb Stunden später per Hubschrauber in die Uni-Klinik Grenoble eingeliefert wurde, stellten die Ärzte indes ein schweres Schädel-Hirn-Trauma fest. Schumacher schwebte in Lebensgefahr, die Ärzte versetzten ihn in ein künstliches Koma und versuchten in zumindest zwei Operationen die Schwellung des Gehirns zu reduzieren, indem sie Blutergüsse entfernten.

Von „kleinen Anzeichen, die uns Mut machen“, sprach Sabine Kehm im April, von einer Aufwachphase und von „Momenten des Bewusstseins und des Erwachens“, aber auch von einem „langen und schweren Kampf“. Seither ist es allerdings verdächtig ruhig geworden um Schumacher.

Podolskis Vorahnung

Umso freudiger reagierten via Twitter Exkollegen wie Fernando Alonso und Freunde wie Fußballer Lukas Podolski. Vor dem WM-Match Deutschland – Portugal schickte ihm Podolski in einer Pressekonferenz von Salvador aus eigens Genesungswünsche. Niemand dachte sich etwas dabei, als der deutsche Arsenal-Star bereits am Wochenende twitterte: „Eventuell kann Michael noch das ein oder andere Spiel sehen.“ Möglich, dass Poldi da schon etwas ahnte von Schumis Entwicklung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.06.2014)

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