Syrien: Israel übt Vergeltung für Tod von 14-Jährigem

(c) APA/EPA/ABIR SULTAN (ABIR SULTAN)
  • Drucken

Erstmals seit Beginn des Syrien-Kriegs wurde ein Israeli auf den Golanhöhen getötet. Die Armee antwortet mit Luftschlägen. Zugleich suchen tausende Soldaten im Westjordanland weiter nach den entführten Talmudschülern.

Jerusalem. Es ist der schwerste Zwischenfall auf den Golanhöhen seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs: Zehn Soldaten der Armee von Bashar al-Assad sollen bei israelischen Luft- und Raketenangriffen getötet worden sein, berichtete der israelische Hörfunk am Montag. Die Angriffe dienten der Vergeltung für den Tod des 14-jährigen arabischen Israelis Mohammad Krakara.

Der Bub war am Vortag auf den von Israel annektierten Golanhöhen von einer syrischen Antipanzerrakete getroffen worden. Zwei weitere Israelis, darunter der Vater des Jungen, trugen Verletzungen davon. Die israelische Armee werde die nördliche Grenze weiter beobachten „und entsprechend auf Entwicklungen im Feld reagieren“, heißt es in einer Mitteilung von Armeesprecher Peter Lerner. Vater und Sohn Krakara waren mit einem Fahrzeug der Armee unterwegs. Alle paar Wochen kommt es seit Ausbruch des Syrien-Kriegs vor drei Jahren zu in der Regel ungewollten Grenzzwischenfällen. Wegen der sporadischen Gewalt hat Österreich im Sommer 2013 abrupt seine UN-Truppen aus der Pufferzone zwischen Israel und Syrien abgezogen.

Für gewöhnlich antwortet Israel auf Zwischenfälle mit gezieltem Beschuss von Einrichtungen der syrischen Armee. Doch diesmal ist zum ersten Mal ein Israeli zu Tode gekommen. Außerdem ist von einem gezielten Angriff aus Syrien die Rede, wobei zunächst unklar blieb, ob syrische Truppen dahinterstehen oder ausländische Milizen, die Seite an Seite mit der Armee gegen die Rebellen kämpfen.

Die Grenze zwischen Israel und Syrien gilt seit der israelischen Besatzung der Golanhöhen 1967 und der späteren Annektierung als eine der ruhigsten israelischen Grenzregionen. Weder Israel noch Syrien liegt an einer Eskalation. Syrien hat auf die israelischen Vergeltungsangriffe bisher nicht reagiert, und auch mehrere gezielte israelische Luftangriffe auf Waffentransporte, bei denen Waffen via Syrien an die radikalschiitische Hisbollah im Libanon geschmuggelt werden sollten, ließ das Regime von Bashar al-Assad  unbeantwortet. Für Israel wird mit dem Transport von modernen Waffen an die Hisbollah eine „rote Linie“ überschritten. Die anfängliche Sorge in Jerusalem galt auch dem syrischen Arsenal an C-Waffen.

„Kommt zurück, Brüder“

Der Zwischenfall an der Nordgrenze kommt für Israels Armee zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Tausende Soldaten sind noch immer im Einsatz bei der Operation „Kommt zurück, Brüder“, der Suche nach den drei seit Donnerstag vorvergangener Woche vermissten israelischen Talmudschüler. Die Truppen vor allem im Großraum von Hebron legen neuerdings Brunnen frei, untersuchen Geröllhaufen und durchkämmen Felder, was darauf schließen lässt, dass auch die Möglichkeit berücksichtigt wird, dass die drei Entführten nicht mehr am Leben sind.

Je länger die Operation andauert, desto lauter wird der Widerstand gegen die Razzien. Fünf Palästinenser starben bereits bei Zusammenstößen mit den Soldaten. Nach Berichten der Tageszeitung „Haaretz“ wird in Sicherheitskreisen erwogen, die Suche den Nachrichtendiensten zu überlassen, um die Truppen noch vor Beginn des islamischen Fastenmonats Ramadan am kommenden Wochenende aus den palästinensischen Städten abzuziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.06.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Außenpolitik

Israel: Palästinenser warnen vor einer "neuen Intifada"

Eine Militäroperation zur Suche entführter Religionsschüler aus Israel stößt auf heftigen Widerstand. Es gibt mehrere Tote.
An Israeli border police aims his weapon at Palestinian stone throwers during clashes in the West Bank city of Ramallah
Außenpolitik

Tödliche Razzien in Palästinenser-Gebieten

Auf der Suche nach drei entführten israelischen Jugendlichen eskalierte die Gewalt. Zwei Palästinenser wurde von der Armee erschossen.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.