ÖVP ist offen für Türkischmatura

(c) Clemens Fabry
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Nachdem sich immer mehr ÖVP-Politiker für eine Einführung von Türkisch als Maturafach ausgesprochen haben, gibt nun auch Parteichef Michael Spindelegger grünes Licht.

Wien. Die Zeichen für die Einführung der Türkischmatura standen noch nie besser als jetzt: Auch die bislang skeptische ÖVP dürfte ihre Blockadehaltung aufgeben. Nachdem sich schon in den vergangenen Wochen immer mehr ÖVP-Politiker für eine Einführung von Türkisch als Maturafach ausgesprochen haben, gibt es nun auch von Parteichef Michael Spindelegger (ÖVP) prinzipiell grünes Licht.

Man sei „diskussionsbereit“, hieß es gestern, Dienstag, auf Anfrage der „Presse“ aus seinem Büro. Vor drei Wochen klang das noch etwas anders: „Nur weil Erdoğan (der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan, Anm.) nach Österreich kommt, brauchen wir uns jetzt nicht irgendeine Diskussion aufzwingen lassen“, sagte Spindelegger damals. Gestern erklärte man diese Äußerung so: Man wollte die Diskussion nicht unter diesen Vorzeichen beginnen. Es müsse nämlich „sachlich und fachlich und nicht emotional“ diskutiert werden. Immerhin handle es sich bei Türkisch nur um eine zusätzliche Fremdsprache, in der maturiert werden könnte.

6300 potenzielle Maturanten

Die ÖVP sieht nun die zuständige Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Zug. Diese müsse einen Vorschlag – am besten ein Gesamtpaket für alle Sprachen – vorlegen. Dieser Vorschlag müsse dann zwischen der Bildungsministerin und ihrer Spiegelministerin, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP), diskutiert werden.

Diese Verhandlungskonstellation macht die Einführung der Türkischmatura nicht unwahrscheinlich. Im Gegenteil: Beide Ressortchefinnen stehen dieser Idee positiv gegenüber. „Wenn man es als Fremdsprachenfach lernt, habe ich damit kein Problem“, sagte Mikl-Leitner schon vor drei Wochen. Und aus dem Bildungsministerium heißt es, dass man gerade die Möglichkeiten prüfe und sich Expertenmeinungen zum Thema anhöre.

Derzeit gehört Türkisch nicht zu den lebenden Fremdsprachen, die im AHS-Lehrplan stehen. Das trifft aber auf insgesamt zwölf andere Fremdsprachen zu: Englisch, Französisch, Italienisch, Russisch, Spanisch, Bosnisch/Kroatisch/Serbisch, Burgenland-Kroatisch, Polnisch, Slowakisch, Slowenisch, Tschechisch, Ungarisch. Sollte es in Zukunft auch die Möglichkeit geben, regulär in Türkisch zu maturieren, müsste sich das ändern.

De facto kann zwar schon jetzt im Fach Türkisch maturiert werden. Es ist aber nur im Rahmen eines zu genehmigenden Schulversuchs möglich und wird derzeit lediglich an einer einzigen AHS angeboten: dem Abendgymnasium Henriettenplatz in Wien Fünfhaus. Außerdem gibt es in Österreich noch kaum Lehrer, die Türkisch unterrichten könnten. Es werden nämlich (noch) keine Lehrer für Türkisch ausgebildet. Die Uni Graz arbeitet gerade gemeinsam mit der Pädagogischen Hochschule an einem entsprechenden Lehramtsstudium. Dieses könnte aber frühestens im Herbst 2015 starten – und das auch nur, wenn die Bildungsministerin den Plan absegnet.

Wie groß die Nachfrage nach Türkisch als Maturafach sein wird, ist derzeit nur schwer abschätzbar. Es ist aber davon auszugehen, dass vor allem jene Schüler ein solches Angebot nützen würden, die selbst türkischen Migrationshintergrund haben. Das trifft laut Statistik Austria derzeit auf 6300 Schüler in Oberstufenklassen an maturaführenden Schulen – also an AHS und an berufsbildenden höheren Schulen wie HAK – zu. Sie sprechen neben Deutsch auch Türkisch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.07.2014)

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