Ex-SPÖ-Politikerin und ehemalige Siemens-Managerin Brigitte Ederer verlangt eine deutliche Senkung der Lohnkosten.
Wien. Wer, wenn nicht Brigitte Ederer, wüsste, dass Österreichs Beitritt zur EU viele Vorteile, aber auch eine Bürokratieebene mehr gebracht hat. „Wir müssen daher die Verwaltungspyramide von unten kürzen“, sagte die ehemalige SPÖ-Politikerin und Ex-Siemens-Managerin am Donnerstag. Höchsten Handlungsbedarf sieht Ederer bei Ländern, Gemeinden und Bezirken. Eine Verwaltungsreform sei daher angesichts der Budgetnöte dringend notwendig.
Mit dem vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) errechneten Einsparungspotenzial von 2,5 Mrd. Euro könnte man nahezu die gesamte jetzt angedachte Steuerreform finanzieren. Doppelgleisigkeiten ortet Ederer in der Schulverwaltung (sie ist gegen eine Verländerung), in der Bauordnung und in der Sozialversicherung. Auch die zweckentfremdete Wohnbauförderung gehöre reformiert.
Als Präsidentin des Fachverbandes der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI) stellt Ederer eine andere Forderung in den Mittelpunkt: die Senkung der Lohnkosten. Nur so könne die Industrie wettbewerbsfähig bleiben. Sie wisse, das Thema sei nicht neu, „deshalb ist es nicht weniger brisant“. Die Arbeitnehmer hätten infolge der kalten Progression – des Aufsaugens von Lohnerhöhungen durch den Übertritt in eine höhere Steuerklasse – immer weniger im Börsel. Sie kosteten die Unternehmen dennoch immer mehr.
Die von der Regierung überlegte Lohnnebenkostensenkung von 0,1 Prozent sei nicht einmal der Rede wert. Auf die Frage, wie viel denn sinnvoll sei, meinte Ederer schmunzelnd, seit dem EU-Tausender nenne sie keine Zahl mehr. FEEI-Geschäftsführer Lothar Roithner sprach indes von fünf Prozent. Zumindest müssten die Steuerstufen, die seit 20 Jahren unverändert seien, angepasst werden. Auch der Einstiegssteuersatz von 35 Prozent sei nicht gerade zielführend.
„Ich weiß, dass man solche Reformen nicht über Nacht machen kann“, sagte Ederer. Aber man müsse überhaupt einmal handeln. Dazu bräuchte es aber eine „mutige Entscheidung der Politik“.
Kritik an ÖIAG-Präsident Wolf
Im ORF-„Mittagsjournal“ kritisierte Ederer, die im Aufsichtsrat der ÖIAG sitzt, die Bestellung von Siegfried Wolf zum Aufsichtsratschef scharf. Sie habe sich der Stimme enthalten, weil sie sich die Vorsitzführung ansehen möchte. Weil sich die Kapitalvertreter selbst wählten, könne der Eigentümer seine Interessen nicht wahrnehmen. (eid)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2014)