Brasilien rang Kolumbien mit 2:1 nieder und darf weiterhin vom Titelgewinn beim Heimturnier träumen. Gefeiert wurden vor allem zwei Abwehrspieler.
Fortaleza/Wien. Brasilien kann also auch anders. Der Rekord-Weltmeister hat das „jogo bonito“ endgültig über Bord geworfen, im Viertelfinale gegen Kolumbien wollte Teamchef Felipe Scolari eine Mannschaft auf dem Platz sehen, die sich als kämpferische Truppe präsentiert. Im Stadion von Fortaleza brodelte es, die Ränge erstrahlten in der Farbe Gelb, wie immer wurde die brasilianische Hymne mit Inbrunst geschmettert, auf dem Rasen wurde dann Fußball mit Herz gezeigt.
Teamchef Scolari hatte ein klein wenig umgestellt, schließlich war Deutschland-Legionär Luis Gustavo gesperrt. Aber auch Dani Alves, sonst immer gesetzt, bei dieser WM bisher enttäuschend, war nicht mehr erste Wahl. Die Selecao, hart kritisiert von Medien, Experten und Ex-Internationalen, wollte ein anderes Gesicht zeigen. Und das hat der Sieger des Confed-Cups 2013 auch getan. Gegen hochgejubelte Kolumbianer, die den Eindruck erweckten, als ob sie in ihrer Entwicklung plötzlich irgendwie in den Kinderschuhen stecken geblieben sind. Aber in dieser wilden Partie von Fortaleza war es nicht leicht, eine feine Klinge zu führen.
Zweimal ist Brasilien zuletzt bei Weltmeisterschaften im Viertelfinale gescheitert. Vor vier Jahren an den Niederlanden, vor acht Jahren an Frankreich. Und nun bäumte sich ein Überraschungsteam vor der Selecao auf. Eine Mannschaft, die noch dazu mit James Rodriguez den Shooting-Star dieser Endrunde stellte.
Die Brasilianer konnten sich vor allem auf die Abwehrspieler verlassen. Zunächst war es Thiago Silva, der Kapitän, der den Führungstreffer (7.) erzielte. Er war in Horst-Hrubesch-Manier nach einem Corner zur Stelle. Fing sich aber in der zweiten Halbzeit Gelb ein, er ist damit im Semifinale gesperrt. Für die Vorentscheidung sorgte dann David Luiz. Abermals war es eine Standardsituation, diesmal ein (traumhafter) Freistoß (69.). Aber Kolumbien gab nicht auf, Torjäger James Rodriguez gelang per Elfmeter auf 2:1 (78.). Es war sein sechster WM-Treffer. Zu mehr sollte es nicht mehr reichen.
Indes trägt der WM-Spielort Belo Horizonte Trauer nach dem Einsturz einer Brückenbaustelle. Die Bilder vom Unglücksort versetzten nicht nur die 2,4-Millionen-Einwohner-Stadt in einen Schockzustand, im Gastgeberland erhielt die WM-Stimmung einen Dämpfer. Am Dienstag findet in Belo Horizonte das erste WM-Halbfinale statt. Zwei Menschen kamen ums Leben, 22 weitere wurden verletzt. Bei den Todesopfern handelt es sich um die 25-jährige Busfahrerin und einen ebenfalls 25 Jahre alten Mann, der in seinem Pkw von den herabstürzenden Betonmassen begraben wurde. Aufgrund der dreitägigen offiziellen Trauer wurde das Fifa-Fanfest der Stadt abgesagt, mehrere Public-Viewing-Orte blieben geschlossen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.07.2014)